Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will die Opfer von häuslicher Gewalt stärker unterstützen. „Wir werden jetzt an Standorten der Bundespolizei 24/7-Schalter für von Gewalt betroffene Frauen einrichten“, kündigte sie am Freitag in Berlin bei der Vorstellung des Bundeslagebilds „Häusliche Gewalt“ an. „Speziell geschulte Beamtinnen können dort Anzeigen aufnehmen und helfen.“
Dem Lagebild zufolge wurden 256.276 Menschen in Deutschland 2023 Opfer häuslicher Gewalt, davon waren 70 Prozent weiblich. Das ist ein Anstieg um 6,5 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022. 78.341 Menschen wurden 2023 Opfer innerfamiliärer Gewalt zwischen nahen Angehörigen. Dies sind 6,7 Prozent mehr als im Vorjahr.
Neben den „konsequenter Strafverfolgung“ brauche es auch verpflichtende Anti-Gewalt-Trainings für die Täter, so Faeser weiter. „Die Kontaktverbote nach dem Gewaltschutzgesetz müssen strikter durchgesetzt und hierdurch ergänzt werden.“ Auch über elektronische Fußfesseln müsse nachgedacht werden, so die Innenministerin.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sagte: „Wir brauchen dringend ein flächendeckendes, niedrigschwelliges Unterstützungsangebot bestehend aus sicheren Zufluchtsorten und kompetenter Beratung. Dafür arbeiten wir an einem Gesetz zur Sicherung des Zugangs zu Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt. Das Gewalthilfegesetz wird die Grundlage für ein verlässliches und bedarfsgerechtes Hilfesystem bei häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt schaffen, denn alle von Gewalt Betroffenen haben das Recht auf Schutz und Beratung.“
Die meisten Opfer häuslicher Gewalt waren von Partnerschaftsgewalt betroffen (167.865 Personen, 65,5 Prozent), ein Drittel von innerfamiliärer Gewalt (88.411 Personen, 34,5 Prozent). Im Bereich der Partnerschaftsgewalt stieg die Anzahl der Opfer um 6,4 Prozent auf 167.865 Opfer. Ganz überwiegend trifft Gewalt im häuslichen Kontext Frauen: 79,2 Prozent der Opfer von Partnerschaftsgewalt und 70,5 Prozent der Opfer häuslicher Gewalt insgesamt sind weiblich. Von den Tatverdächtigen bei Partnerschaftsgewalt sind 77,6 Prozent Männer, im Gesamtbereich der häuslichen Gewalt 75,6 Prozent.
Im Bereich der Partnerschaftsgewalt lebte die Hälfte der Opfer mit der tatverdächtigen Person zusammen. Die Mehrheit sowohl der Opfer als auch der Tatverdächtigen war zwischen 30 und 40 Jahre alt, im Bereich der innerfamiliären Gewalt waren unter-21-jährige Opfer am häufigsten betroffen. 155 Frauen und 24 Männer sind im Jahr 2023 durch ihre Partner oder Ex-Partner getötet worden.
Von den 88.411 Opfern innerfamiliärer Gewalt waren 54 Prozent weiblich und 46 Prozent männlich. Insgesamt ist fast ein Viertel der Opfer unter 14 Jahre alt. Im Jahr 2023 wurden 92 weibliche und 63 männliche Personen Opfer von innerfamiliärer Gewalt mit tödlichem Ausgang.
Die Zahlen von polizeilich registrierter häuslicher Gewalt steigen nahezu kontinuierlich an, in den letzten fünf Jahren um 19,5 Prozent. Doch nach wie vor sei davon auszugehen, dass viele Taten der Polizei nicht gemeldet würden, etwa aus Angst oder Scham, hieß es vom Innenministerium.