„Im Sinne der Menschen auf den Wartelisten und jener, die ihnen gerne helfen möchten und bisher nicht dürfen, wird es höchste Zeit, dass sich der Bundesgesundheitsminister zügig der Lebendspende annimmt, statt sich weiterhin an der Widerspruchslösung festzubeißen“, sagte die rechtspolitische Sprecherin Katrin Helling-Plahr der „Welt“ (Dienstagsausgabe). Die Liberalen im Bundestag hatten dazu vergangene Woche ein Positionspapier beschlossen, über das die „Welt“ berichtet.
Die darin enthaltenen Forderungen zielen darauf ab, den Kreis der potenziellen Lebendspender zu erweitern. Dabei geht es um die Transplantation von Nieren und Teilstücken der Leber, deren Spende nicht den Tod voraussetzen. Bisher ist dies in Deutschland nur zwischen Verwandten, Paaren oder Personen möglich, die sich anderweitig offenkundig nahestehen. Die FDP will nun weitere Konstellationen ermöglichen: So sollen etwa anonyme Lebendspenden aus altruistischen Gründen über sogenannte Organpools ermöglicht werden – wer will, könnte sich dann als Spender melden, hätte aber keinen Einfluss darauf, an wen das Organ geht und erfährt dies auch nicht. „Es gibt Menschen, die sich aus altruistischen Motiven zu einer Lebendspende entscheiden möchten, um keiner spezifizierten Person, sondern einem ihnen unbekannten bedürftigen Empfänger das Leben zu retten“, heißt es dazu in dem Positionspapier. Zudem fordert die FDP, dass sogenannte Überkreuz-Lebendspenden zwischen Paaren möglich sind. Bisher ist das in Deutschland wegen der Voraussetzung, dass sich Spender und Empfänger nahestehen müssen, nicht möglich. „Verzweifelte Paare weichen deshalb ins Ausland aus, wo es diese Anforderung nicht gibt, sie sich aber mit astronomischen Eigenkosten konfrontiert sehen“, kritisiert die FDP in ihrem Papier. Es sei „absurd, dass der deutsche Staat seine Bürger daran hindert, sich gegenseitig zu helfen“. Darüber hinaus wollen die Liberalen das sogenannte Subsidiaritätsprinzip abschaffen. Darunter versteht man im Kontext der Organspende, dass immer erst die Möglichkeit einer postmortalen Spende geprüft werden muss, bevor eine Lebendspende möglich ist. Obwohl es einen willigen und passenden Spender gibt, muss zunächst nach dem Organ eines Verstorbenen gesucht werden. Zuletzt weist die FDP auf die Möglichkeit hin, dass der Aufbau des vom Bundestag bereits beschlossenen digitalen Organspenderregisters genutzt werden könne, um ein „anonymes `Matchmaking` zwischen Lebendspendern und Empfängern“ strukturiert zu organisieren. „Seit Jahren führen wir in Deutschland Debatten darüber, wie wir mehr postmortale Spenderorgane gewinnen können“, sagte Helling-Plahr. „Das nachweislich große Potenzial der Organlebendspende wurde stets vernachlässigt.“ In anderen EU-Staaten würden durch die Liberalisierung der Lebendspende bereits viele Leben gerettet.
„Wenn sich Menschen selbstbestimmt, aufgeklärt und aus altruistischen Motiven dazu bereiterklären, einander zu helfen, darf der Staat ihnen keine Steine in den Weg legen.“