Der Sozialpolitiker Jens Teutrine (FDP) fürchtet, dass die derzeit debattierten 500 Millionen Euro Verwaltungsmehrkosten pro Jahr für die Kindergrundsicherung zu niedrig angesetzt sind. Das sagte er dem „Tagesspiegel“ (Freitagausgabe) mit Blick auf die Idee einer „Frontoffice-Lösung“, bei der Familien nicht zwischen Jobcenter und Familienservice hin- und hergeschickt werden, sondern nur eine Anlaufstelle haben.
„Bei diesen neuen Plänen, welche die Familienministerin nun auf den Tisch gelegt hat, wären die Personalkosten sogar noch höher. Man bräuchte nochmal mehr Personal, müsste die Leute höher eingruppieren und damit besser bezahlen, wenn sie sich mit unterschiedlichen Sozialleistungen auskennen müssen“, sagte Teutrine. „Dann reden wir von mehr als 750 Millionen Euro Verwaltungsmehrausgaben pro Jahr oder sogar noch mehr. Das wäre ein Drittel der Gesamtkosten der Kindergrundsicherung für mehr Bürokratie. Absurd.“
Die derzeitigen Pläne seien für die FDP „nicht zustimmungsfähig“. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) wolle „mit dem Kopf durch die Wand“, stoße damit aber bei der FDP auf Beton. „Wir können es uns nicht leisten, jährlich 500 Millionen Euro in Verwaltungskosten zu pumpen, statt zum Beispiel direkt in Kitas und Bildung. Es gibt große Lücken in der Betreuungsinfrastruktur. Jeder einzelne Euro wäre dort besser investiert als in diesen Bürokratie-Irrsinn.“
Auch weist Teutrine das Argument zurück, die Kommunen würden durch die Pläne entlastet. „Es ist absurd zu glauben, man baue mit immer mehr Stellen Bürokratie ab. Auch der Landkreistag sagt klar, dass die Kommunen keineswegs entlastet werden. Es ist gefährlich, diese Fachexpertise nicht zu hören und mit solchen falschen Behauptungen die Öffentlichkeit zu täuschen.“
Da künftig der Staat aktiv auf Anspruchsberechtigte zugehen soll, rechnet das Familienministerium mit einer deutlich höheren Zahl an Anträgen. Hierfür sollen 5.000 Stellen geschaffen werden. Familienministerin Lisa Paus und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatten sich 2023 auf 2,4 Milliarden Euro jährlich für die Leistung geeinigt. Ursprünglich hatte die Grünen-Politikerin 12 Milliarden Euro gefordert, um die Leistungen zu erhöhen – deutlich weniger, als Sozialverbände für eine armutsfeste Absicherung veranschlagen. Nach Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands lebt in Deutschland jedes fünfte Kind in Armut.