FDP gegen Wehrpflicht und verpflichtende Musterung

Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesjustizminister Marco Buschmann lehnen die Einführung einer Wehrpflicht, einer Dienstpflicht und sogar einer verpflichtenden Musterung aus volkswirtschaftlichen sowie rechtlichen Gründen ab.

Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesjustizminister Marco Buschmann lehnen die Einführung einer Wehrpflicht, einer Dienstpflicht und sogar einer verpflichtenden Musterung aus volkswirtschaftlichen sowie rechtlichen Gründen ab. Das geht aus einem Brief der beiden FDP-Politiker an Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hervor, der am Montag versandt wurde und über den die „Welt“ berichtet.

Die „Wiedereinführung einer allgemeinen Wehrpflicht beziehungsweise Dienstpflicht“ treffe nicht auf gesellschaftliche Akzeptanz und werde von der FDP ausgeschlossen, heißt es in dem Schreiben. Eine vom Bundesministerium der Finanzen beauftragte Kurzexpertise des Ifo-Instituts zu den „volkswirtschaftlichen Kosten einer Wiedereinführung der Wehrpflicht oder eines sozialen Pflichtjahres“ komme außerdem zu dem Schluss, „dass gegenüber der Wiedereinführung der Wehrpflicht die Attraktivitätssteigerung des Soldatenberufs mit deutlich geringeren individuellen und gesamtwirtschaftlichen Kosten verbunden ist“, wie es in dem Brief heißt. „Allein die jährliche Verpflichtung eines Viertels einer Alterskohorte im Rahmen einer Wehr- oder Dienstpflicht, also von circa 195.000 Personen, würde laut Ifo zu einem Rückgang des Bruttoinlandseinkommens um 17,1 Milliarden Euro führen“, schreiben die beiden Minister weiter.

Nun will Pistorius nicht die allgemeine Wehrpflicht reaktivieren, sondern die jungen Männer (verpflichtend) und Frauen (freiwillig) lediglich einen Fragebogen ausfüllen lassen, auf dessen Grundlage dann zu einer verpflichtenden Musterung eingeladen werden soll. In einem weiteren Schritt sollen dann zunächst 5.000 junge Leute eingezogen werden – möglichst freiwillig, aber wenn nötig auch verpflichtend.

Doch selbst dieses abgespeckte Modell ist mit der FDP nicht zu machen. Die Unterstützung der Liberalen findet allein die Idee, „eine weitflächige Bestandsaufnahme der Menschen in Deutschland“ zu machen, „die im Verteidigungsfall eingezogen werden könnten“. Das sei eine „Maßnahme vorausschauender Klugheit“, schreiben Lindner und Buschmann. Doch die Verpflichtung auch nur eines kleinen Teils eines Jahrgangs, „sich mustern zu lassen oder gar einen Wehrdienst abzuleisten, würde unvermeidlich Fragen der Wehrgerechtigkeit aufwerfen und stellt für die Betroffenen einen tiefen Eingriff in ihre Freiheit und persönliche Lebensplanung dar“, schreiben die Liberalen-Spitzenpolitiker.

Die Freien Demokraten begrüßten zwar ausdrücklich die von Pistorius „innerhalb der Bundesregierung angestoßene Debatte zur Steigerung der Wehrfähigkeit“ und unterstützten das Ziel, „die Bundeswehr zu einer der modernsten und schlagkräftigsten Armeen Europas zu machen“. Die FDP will die Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber allerdings mit „zielgenaueren Maßnahmen“ steigern.

So begrüße man den Gesetzentwurf von Pistorius zur Steigerung der personellen Einsatzbereitschaft und plädiere darüber hinaus für eine Stärkung der Rolle der Reserve: „Vor der Diskussion über neue Dienstpflichten sind wir gefordert, alle Möglichkeiten der Freiwilligkeit vollumfänglich auszuschöpfen“. Man sehe der Debatte innerhalb der Bundesregierung „zuversichtlich entgegen“, schließen die Liberalen.

Um die neuen, um rund 30 Prozent erweiterten Nato-Fähigkeitsziele zu erreichen, braucht Pistorius neben mehr Ausrüstung vor allem mehr Personal. Zu diesem Zweck hat er eine neue Art der Wehrpflicht angekündigt.




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