Die Finanzsituation der Pflegeversicherung ist dramatischer als bisher angenommen. Das zuständige Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) musste mit einer Notoperation in den Finanzierungsmechanismus eingreifen, um die Zahlungsfähigkeit der Pflegeversicherung zu sichern, wie das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Donnerstagausgaben) berichtet.
So wies das Amt mit Schreiben vom 23. Mai die gesetzlichen Pflegekassen an, die eigenen Rücklagen schrittweise abzusenken, um den gemeinsamen Finanzausgleich aller Kassen aufzufüllen. Der Ausgleichsfonds darf eine gewisse Größe nicht unterschreiten, damit die Pflegeversicherung insgesamt liquide bleibt. Zuletzt hatte das BAS in der Corona-Pandemie zu diesem Mittel greifen müssen, um die damals hohen Mehrausgaben der Pflegeversicherung zum Beispiel für Tests und Schutzkleidung abzusichern.
Konkret kündigte das BAS in seinem Schreiben an, die sogenannte Ausgabendeckungsquote schrittweise von 70 Prozent einer Monatsausgabe auf 50 Prozent zu senken – was unter Experten als absolutes Minimum gilt. Das Gesetz sieht im Normalfall 100 Prozent einer Monatsausgabe vor. Nach früherer Einschätzung von Krankenkassen müssen in der Pflegeversicherung spätestens zum 1. Januar 2025 die Beiträge um 0,2 Prozentpunkte angehoben werden.
Als eine der Ursachen gilt ein unerwartet starker Zuwachs bei der Zahl der Pflegebedürftigen, für den es bisher keine schlüssige Erklärung gibt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte Ende Mai von der Notwendigkeit einer Finanzreform gesprochen, eine Gesetzesänderung in dieser Wahlperiode wegen unterschiedlicher Ansichten in der Ampelkoalition aber für unwahrscheinlich erklärt.