Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt warnt davor, dass sich die Gräben zwischen Ost- und Westdeutschen weiter vertiefen könnten. Es gebe 35 Jahre nach der friedlichen Revolution „gut gepflegte Vorurteile in beide Richtungen, die uns als Gesellschaft im Weg stehen“, sagte die Grünen-Politikerin dem Nachrichtenmagazin Focus.
Zwar sei nach 1989 vieles zusammengewachsen, aber dennoch bestünden weiterhin Unterschiede bei den soziodemographischen Daten, etwa beim Vermögen, bei der Durchschnittsarbeitszeit oder der Frauenerwerbstätigkeit. Die Ostdeutschen hätten nach der Wiedervereinigung riesige Umwälzungen gemeistert, von denen man heute auch gesamtdeutsch etwas lernen könne. „Ich sehe aber zugleich, dass sich die Menschen in Ostdeutschland nur noch wenig für den Westen interessieren.“
Die aus der kirchlichen Friedensbewegung in Thüringen kommende Politikerin sieht zudem die hohen Zustimmungswerte für die Thüringer AfD bei den Kommunalwahlen vom 26. Mai mit Sorge. Solche Wahlergebnisse machten „konstruktive Mehrheiten vor Ort unfassbar schwer“, sagte sie dem Focus. Gleichzeitig verweist Göring-Eckardt darauf, dass auch in anderen Bundesländern hohe AfD-Ergebnisse erzielt worden sind: „Rein zahlenmäßig gab es die meisten AfD-Wähler zuletzt in Hessen und Bayern.“