„Diese Prognose zeugt nicht von der Bereitschaft, den Verkehr politisch zu gestalten und die Ziele sowie Beschlüsse der Koalition ernst zu nehmen“, sagte der bahnpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Matthias Gastel, der „Welt“ (Freitagausgabe). Sie tauge daher nicht als Grundlage für die Planung von Verkehrsinfrastruktur.
Wissing hatte im März eine im Auftrag des Ministeriums erstellte „Gleitende Langfristprognose“ für 2051 vorgestellt, wonach der Pkw seine dominante Position weitgehend beibehalten werde. Sie prognostizierte eine so starke Zunahme des Lkw-Verkehrs, dass der Anteil der Straße an allen Gütertransporten sogar noch höher sein werde als heute. In der vergangenen Woche hatten mehrere Bahn-Verbände, darunter der Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und die „Allianz pro Schiene“, diese Prognose in einem „Faktencheck“ als lückenhaft, „straßenfixiert“ und „realitätsfremd“ zurückgewiesen. Zudem erhoben sie den Vorwurf gegen Wissing, die Vorhersagen ungerechtfertigterweise wie bereits feststehende Fakten zu behandeln. „Die Langfristprognose des Bundesverkehrsministeriums für 2051 ist schlecht gemacht, weil bei den Prämissen für die Vorausschau nicht einmal das hinreichend berücksichtigt wurde, was politisch vereinbart worden ist“, so Gastel. Dazu nannte er die Erhöhung der Lkw-Maut um einen CO2-Faktor als Beispiel. Dadurch werde „die Schlechterstellung des Schienengüterverkehrs im Wettbewerb mit der Straße verringert und die Schiene größeres Entwicklungspotenzial erhalten“, sagte der bahnpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. Dies hätte genauso wie die prognostizierte Verteuerung von fossilem Kerosin im Luftverkehr in die Berechnungen einfließen müssen. Hinzu komme, „dass viele Parameter nicht wissenschaftlich begründet“ seien, „sondern lediglich auf die Meinung des Gutachters verwiesen“ werde. In Wissings Interpretation der Vorausschau sieht Gastel eine Belastung der Koalition: „Das Ministerium hat die Prognosewerte im Verkehrsausschuss des Bundestags als `Fakten` hingestellt.“ Das sei ein Kommunikationsdesaster gewesen. „Und für die Koalition ist es ein echtes Problem, dass in der Prognose die Realisierung von einigen Straßenbau-Projekten unterstellt wird, die im derzeit geltenden Ausbaugesetz nur in der am wenigsten dringlichen Kategorie des `Weiteren Bedarfs` aufgelistet sind“, sagte Gastel. „Deren Bau zu unterstellen, widerspricht der Verabredung im Koalitionsvertrag, dass wir diesen Bedarf noch einmal überprüfen werden.“