Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, sagte der „Welt“ (Freitagsausgabe): „Ich halte es im Sinne der Patienten und Angehörigen für sinnvoll, wenn die Kliniken ihre Besuchszeiten und die Anzahl der Besuchspersonen wieder normalisieren und zu ihren vorpandemischen Regeln zurückkehren“. Infektiologisch gebe es aktuell keinen Grund für Besuchsbeschränkungen.
„Die Infektionsdynamik und damit die Belastung im Gesundheitswesen haben im Vergleich zur Vorweihnachtszeit deutlich abgenommen. Wir sind auf dem Weg raus aus der Pandemie in eine endemische Situation.“ Auch die FDP-Fraktion fordert eine Rückkehr zur Normalität. „Die Besuchsregeln in einigen Kliniken sind irrsinnig und absolut aus der Zeit gefallen“, sagte Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Besuche von Freunden und Familie seien für die Genesung von Patienten sehr wichtig. „Ich erwarte, dass die Gesundheitsministerkonferenz einen Appell an die Krankenhäuser ausspricht, ihre Hygieneregeln eigenverantwortlich und wissenschaftlich fundiert an die aktuelle Infektionslage anzupassen.“ Heike Baehrens, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, verteidigte die aktuellen Beschränkungen. Es sei weiter notwendig, besonders aufmerksam beim Schutz vulnerabler Gruppen in Einrichtungen des Gesundheitswesens zu bleiben. „Hierzu gehört neben der FFP2-Masken- und Testpflicht auch die Frage der lokal zu verantwortenden Zugangsbeschränkungen“, so Baehrens. Die Akzeptanz solcher Vorsorgemaßnahmen sei dann am größten, wenn die Einrichtungen vor Ort möglichst einheitlich vorgingen. Ein Großteil der Kliniken erlaubt nur einen oder maximal zwei Besucher pro Tag für eine Stunde, meist zu vorgegebenen Besuchszeiten am Nachmittag. Dazu gehört beispielsweise die renommierte Charité in Berlin. Die Eine-Person-eine-Stunde-Regel wurde dort im März vergangenen Jahres eingeführt, als die Infektionslage noch angespannt war – und wurde seitdem nicht mehr geändert. Zur Begründung teilte ein Sprecher der Charité mit, man habe einen hohen Anteil schwer kranker und vor allem immungeschwächter Patienten, die eines besonderen Schutzes bedürften. „Besuchende können Ausgangspunkt von Übertragungen sein. Außerdem steigt das Risiko von Infektionen mit der Expositionsdauer. Daher halten wir aktuell an der Regelung fest.“
Im Universitätsklinikum Erlangen sind Personen unter zwölf Jahren grundsätzlich von einem Besuch ausgeschlossen. In den fünf Häusern von „München Klinik“ wurde die Altersgrenze sogar auf 14 Jahre gesetzt, auch hier ist nur ein Besucher pro Tag für eine Stunde möglich. Ein Sprecher teilte mit, dass neben 100 Corona-Patienten diesen Winter die Krankenhäuser zusätzlich von anderen Atemwegsviren wie RSV, Rhinovirus, Parainfluenzavirus und Influenza belastet würden.
„Jüngere Kinder können – rein organisatorisch – nur in Begleitung einer weiteren Person zu Besuch kommen. Deshalb gibt es eine Altersvorgabe.“ Noch strenger ging das Universitätsklinikum Frankfurt vor. Bis die Pressestelle der Klinik am Dienstag eine Anfrage der „Welt“ zum Regelwerk erhielt, galt dort noch 2G plus: Besucher mussten zusätzlich zu ihrem negativen Schnelltestergebnis auch eine vollständige Impfung nachweisen. Am Mittwoch, einen Tag nach Eingang der Anfrage, wurde die Regelung abgeschafft und von der Website genommen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft plädiert für eine Überprüfung der aktuellen Regelungen: „Mit dem Auslaufen der kostenfreien Tests Ende Februar hat die Politik auch offiziell die postpandemische Phase eingeleitet“, sagte Präsident Gerald Gaß. „Entsprechend muss spätestens zum 1. März nicht nur die Maskenpflicht im Gesundheitswesen fallen und wie vor Corona auf besonders infektiöse Bereiche beschränkt sein, auch Besuchseinschränkungen müssen auf den Prüfstand.“