„Der Widerstand von Lars Klingbeil ist ungerechtfertigt“, sagte der Grünen-Bahnpolitiker Matthias Gastel dem „Spiegel“. Wer pauschal jeden Neubau bei der „klimafreundlichen Schiene“ ablehne, aber gleichzeitig Neu- und Ausbau von Straßen fordere, handele „willkürlich“ und gefährde die Koalitionsziele.
Der „Spiegel“ hatte zuvor berichtet, dass Klingbeil die geplante Neubaustrecke zwischen Hamburg und Hannover ablehnt. Ein mögliches Motiv dabei: Die Trasse, die durch seinen niedersächsischen Wahlkreis Rotenburg I – Heidekreis führen würde, ist dort unbeliebt. Dieses Argument lässt der baden-württembergische Abgeordnete Gastel nicht gelten – eine 2021 eröffnete Neubaustrecke verläuft durch seinen Wahlkreis: „Auf halber Strecke zwischen Stuttgart und Ulm wurde durch gestalterischen Einsatz der Politik ein Regionalbahnhof errichtet. Das zeigt: Regionen können von Neubaustrecken profitieren“, so Gastel. Er fordert den SPD-Vorsitzenden auf, nicht in „kleinkarierter Blockade zu verharren, sondern daran mitzuwirken, dass in Deutschland ein leistungsfähiges Schienennetz entsteht“. Auch die Deutsche Bahn, die laut internen Unterlagen einen Neubau der Strecke anstelle des von Klingbeil und dem Land Niedersachsen bevorzugten Ausbaus der bestehenden Trasse für nötig hält, ist laut „Spiegel“ irritiert – hält sich aber bedeckt. Dem Vernehmen nach wächst im Konzern die Ungeduld angesichts der SPD-Blockade in Niedersachsen. Öffentlich wollte sich die Bahn bislang nicht zu Klingbeils Haltung äußern.
Ingrid Felipe, die zuständige Vorständin für Infrastrukturplanung und -Projekte der DB Netz AG sagte auf Anfrage des Nachrichtenmagazins lediglich: „Niedersachsens Bevölkerung und die dort ansässigen Wirtschaftstreibenden warten schon viel zu lange auf leistungsfähige Eisenbahninfrastruktur, die den heutigen Anforderungen von Menschen und Unternehmen entsprechen. Wir verfolgen die Planung und Umsetzung der notwendigen Aus- und Neubauten mit so viel Konsequenz und Dringlichkeit, weil wir das den kommenden Generationen schuldig sind.“ Bei der Bahn wisse man, „wie lange die Realisierung von Eisenbahninfrastrukturen dauern“. Dies wolle man beschleunigen – und zwar mit „allen möglichen Mitteln“.