Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium, über das die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet. In der Studie plädieren die Wissenschaftler unter anderem für die Einrichtung eines Europäischen Büros für Versorgungssicherheit, welches alle notwendigen Informationen sammelt, bei drohenden Schieflagen rechtzeitig warnt, Stresstests organisiert und die Firmen unterstützt.
Die EU-Wirtschaft hatte in den vergangenen Jahren gleich mehrere Schocks verdauen müssen, die zu Lieferengpässen führten und die Produktion lähmten – von der Corona-Pandemie über gestörte Seewege bis hin zu politischen Sanktionen und Gegensanktionen. Staaten wie China benutzen wirtschaftliche Abhängigkeiten zudem immer häufiger als politische Waffe, weshalb die Europäer bemüht sind, sich gerade bei kritischen Produkten weniger stark an einzelne Lieferanten zu ketten. Laut Gutachten gab es in Deutschland zuletzt 779 Produkte, die aus höchstens drei unterschiedlichen Lieferländern importiert wurden. Dazu zählten wichtige Industrierohstoffe wie Blei, Thallium, Barium, Beryllium, Lithium und Platin.
Bei Uranerz gab es gerade einmal zwei Lieferländer, darunter Russland, bei speziellen für die pharmazeutische Industrie wichtigen Substanzen wie etwa Anthraquinon oder Fenproporex höchstens drei. Das Gleiche galt für hoch spezialisierte Güter wie Telekomsatelliten und Kühlschiffe. In all diesen Bereichen soll die neue Behörde künftig koordinierend tätig werden. Zudem schlagen die Experten vor, den Fokus der Im- und Exportfirmen künftig mithilfe von Zöllen, staatlichen Kreditversicherungen und Investitionsschutzabkommen stärker auf solche Länder zu lenken, von denen Europa bisher nicht in nennenswertem Maße abhängig ist.
Lässt sich der Import kritischer Güter im Einzelfall nicht diversifizieren, halten die Wissenschaftler auch Subventionen für den Aufbau eigener Produktionsstätten innerhalb der EU für sinnvoll.