In der „Gesamtschau“ habe sich der Staatssekretär „zu angreifbar“ gemacht, um sein Amt noch ausüben zu können, sagte Habeck am Mittwoch in Berlin. Deswegen sei die Entscheidung getroffen worden, Graichen in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen.
Hintergrund der Entscheidung sei die genaue Prüfung von Compliance-Verfahren. Dabei sei ein weiterer Sachverhalt aufgetaucht, zu dem ihm seit Dienstagabend ein Prüfergebnis vorliege, sagte Habeck weiter. Es gehe dabei um einen Vorgang im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative, konkret um die Förderung eines Projekts des Berliner Landesverbands des BUND, in dem Graichens Schwester Vorstandsmitglied ist. Dabei sei noch kein Geld geflossen, das Projekt sei aber als „förderwürdig“ eingestuft worden.
Die finale Entscheidung wäre laut Habeck nur noch „Formsache“ gewesen. Graichen hätte an dem Vorgang nicht mitwirken dürfen. Nach Prüfung handele es sich um einen „Compliance-Verstoß“. Hinzu komme ein zweiter Vorgang, der in einem „Graubereich“ liege, fügte der Minister hinzu.
Für sich alleine genommen seien die festgestellten „Fehler“ nicht zu schlimm, die Summe habe aber für die jetzt erfolgte Entscheidung gesorgt. Der Beschluss, die Zusammenarbeit nicht fortzusetzen, sei am Dienstag „gemeinsam“ getroffen worden, so Habeck. Die Abzeichnung der BUND-Vorlage sei „der eine Fehler zu viel“ gewesen. Habeck hatte bis zuletzt hinter seinem wegen Vorwürfen der Vetternwirtschaft in die Kritik geratenen Staatssekretär gestanden, wobei auch der Druck auf den Minister selbst sich zuletzt erhöht hatte.
In der Debatte um Graichen ging es unter anderem um die Ausschreibung für den Chefposten der bundeseigenen Energieagentur Dena. Ein Trauzeuge von Graichen hatte sich dabei durchgesetzt, wobei der Staatssekretär selbst an der Vorauswahl beteiligt war. In der Union wurde das Aus von Graichen als „überfällig“ begrüßt. „Minister Habeck ist durch sein Klammern an die Person Graichen schwer beschädigt“, sagte Unionsparlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei der „Rheinischen Post“ (Donnerstagsausgabe).
Weitere Aufklärung sei aber „zwingend notwendig“, auch in Bezug auf mögliche Verfehlungen weiterer Staatssekretäre.