Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang verteidigt seine Behörde gegen Kritik. Immer wieder werde in letzter Zeit die Arbeit des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) infrage gestellt und von einer „Gesinnungspolizei“ oder einem „Regierungsschutz“, schreibt Haldenwang in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Dienstagsausgabe).
„Um eines unmissverständlich klarzustellen: In Deutschland herrscht Meinungsfreiheit – und das ist gut so“, schreibt Haldenwang. „Aber dennoch: Auch die Meinungsfreiheit hat Grenzen.“ Die äußersten Grenzen ziehe das Strafrecht. „Jedoch auch unterhalb der strafrechtlichen Grenzen und unbeschadet ihrer Legalität können Meinungsäußerungen verfassungsschutzrechtlich von Belang sein.“
Der Verfassungsschutzpräsident führt in der FAZ aus, die „verfassungsschutzrechtliche Relevanz von Äußerungen“ hänge nicht davon ab, „ob diese strafbar oder illegal sind“. Die Behörden könnten schon an Inhalte von Meinungsäußerungen anknüpfen, wenn „diese etwa Ausdruck eines Bestrebens sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen“.
Am Samstag hatte Haldenwangs Vorgänger als BfV-Präsident, Hans-Georg Maaßen, mitgeteilt, dass er gegen eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz klage. Maaßen ist inzwischen Parteivorsitzender der Werteunion. Maaßen wirft Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor, den Verfassungsschutz „zur Beobachtung von Regierungsgegnern“ einzusetzen.
Haldenwang geht nicht auf Maaßen ein, erläutert aber: „Die Meinungsfreiheit ist von daher kein Freibrief, sich der – gerichtlich kontrollierten – verfassungsschutzrechtlichen Beobachtung und Bewertung entziehen zu können, wenn tatsächliche Anhaltspunkte etwa für gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen vorliegen.“
Weiter schreibt Haldenwang in der FAZ: „Wenn beispielsweise Bestandteile unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung attackierte werden, zum Beispiel die Menschenwürde von Angehörigen bestimmter gesellschaftlicher Gruppen oder politischer Akteure verletzt wird, wenn zulässige Kritik und demokratischer Protest in Teilen umschlägt, eskaliert und zu aggressiver, systematischer Delegitimierung staatlichen Handelns wird bis hin zu Gewaltaufrufen, wenn an sich legitime Kritik und Meinungen in extremistische Agitation umschlagen, die die Grundfesten unserer demokratischen Ordnung erschüttern sollen und so den Boden für unfriedliche und gewalttätige Aktivitäten bereiten können, können solche Äußerungen Belege für gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen darstellen.“
Haldenwang wendet sich in seinem Beitrag für die FAZ auch gegen den Vorwurf, das BfV sei in den Medien zu präsent. „Ja, anlassbezogen sind wir oftmals in den Medien.“ Das Aufklären der Öffentlichkeit über extremistische Bestrebungen und Gefahren für die Demokratie sei Bestandteil des gesetzlichen Auftrags, um schon unterhalb von Verboten eine informierte politische Auseinandersetzung zu ermöglichen. „Außerdem müssen wir leider konstatieren: In der Nachkriegsgeschichte war die Demokratie in unserem Land selten so in Gefahr wie heute.“
„Zuletzt finden sich im medialen Diskurs auch Stimmen, die fordern, das BfV müsse sich politisch neutral verhalten“, schreibt Haldenwang. „Das ist völlig richtig. Wir sind politisch neutral, aber nicht gegenüber denen, die gegen unsere freiheitliche Demokratie agieren und agitieren. Denn die freiheitliche demokratische Grundordnung zu schützen, ist unser Auftrag.“