Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sieht alte Ängste als Ursache für die Haltung vieler Ostdeutscher zum Ukraine-Krieg. „Wir im Osten trauen den Russen aus alter Erfahrung vieles zu“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Auf die Frage, woher es komme, dass sich viele Ostdeutsche eine Kursänderung in der Ukraine-Politik wünschten, etwa einen Stopp der Waffenlieferungen und dafür Verhandlungen mit Putin, sagte Haseloff: Die meisten Ostdeutschen seien keine Anhänger der Politik Putins, sie seien froh, dass keine russischen Truppen mehr im Land stationiert sind. Aber: „Anders als im Westen kennen wir im Osten die Russen recht genau, auch mental. Sie können sehr robust sein und man traut ihnen aus alter Erfahrung vieles zu.“ So fürchteten viele unkontrollierbare Reaktionen aus Moskau. „Und wir wissen als Leidtragende der sowjetischen Besatzung, dass schon andere daran gescheitert sind, einen Sieg über Russland zu erreichen.“
Wladimir Putins Atom-Drohungen seien ernst gemeint, so Haseloff. Ein atomarer Konflikt sei nicht ausgeschlossen. „Bei uns wirken solche Drohungen aber noch wesentlich existenzieller als im Westen. Im Osten wünschen sich deswegen viele, dass über die Diplomatie so schnell wie möglich für Frieden gesorgt wird.“
Haseloff erinnerte in dem Zusammenhang an eigene Erfahrungen: Er habe 1991 als stellvertretender Landrat in Wittenberg, wo mehrere Tausend russische Soldaten stationiert waren, in großer Sorge gelebt: „Während des Putschversuchs in Moskau hatten wir große Angst, dass sich die Soldaten am Umsturz beteiligen. Was wäre dann passiert? Das vergisst man nicht.“ Er habe auch nicht vergessen, wie er als Kind erleben musste, wie die Russen mit Deserteuren umgegangen seien. „Wer im Westen unter dem Schutz der Amerikaner aufgewachsen ist, kann sich das nicht vorstellen“, so Haseloff.