„Es ist gut, dass Taiwan unterstützt wird“, sagte Heusgen dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Freitagausgaben). Allerdings müssten westliche Staaten wie Deutschland und die USA „aufpassen, dass sie das nicht überspannen“.
Es sei richtig, mit dem demokratischen Inselstaat weiterhin wirtschaftlich und politisch „unterhalb der Ebene der Anerkennung als Staat“ zusammenzuarbeiten, so der Diplomat. „Wir müssen nur aufpassen, über das, was bis jetzt normal ist, was Status Quo ist, nicht hinauszugehen.“ Die derzeitige Lage in China sei auch für Präsident Xi Jinping brisant, vor allem wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Volksrepublik, so Heusgen. Diktatoren würden dazu neigen, von solchen internen Problemen durch außenpolitische Aktionen abzulenken. „Eine Übernahme Taiwains würde Xi Jinping in China populär machen. Deswegen muss man da vorsichtig sein, dass man nicht Xi einen Anlass gibt, militärisch gegen Taiwan vorzugehen“, warnte der MSC-Chef. Das habe im Sommer bereits die Reaktion auf den Taiwan-Besuch der damaligen US-Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi gezeigt. „Von daher fand ich es schon ein bisschen mutig, dass jetzt zum ersten Mal seit 26 Jahren ein deutscher Ministerbesuch stattfindet“, ergänzte er mit Blick auf Stark-Watzingers Reise. Heusgen sagte, dass die Volksrepublik China im Völkerrecht mehrheitlich als der Repräsentant von China insgesamt gelte. „Völkerrechtlich gibt es einen Unterschied zwischen Taiwan und der Ukraine“, sagte er zum Vergleich der russischen Invasion in die Ukraine mit einem denkbaren chinesischen Angriff auf Taiwan. „Mein Plädoyer wäre deshalb immer: den Status Quo halten – nicht weniger, aber auch nicht unbedingt mehr machen, als wir in der Vergangenheit mit Taiwan unternommen haben.“ Stark-Watzingers zweitägige Reise in dieser Woche war der erste deutsche Ministerbesuch in Taiwan seit 26 Jahren. China, aus dessen Sicht die Insel zur Volksrepublik gehört, hatte bei der deutschen Seite Protest eingelegt und seine „scharfe Missbilligung“ zum Ausdruck gebracht.