IG-Metall-Chefin Christiane Benner fordert eine Reform der Schuldenbremse verbunden mit maßvollen Sozialreformen zur Überwindung der Wirtschaftsschwäche. „Um die Wirtschaft in Schwung zu bringen, müssen wir vor allem die Schuldenbremse lockern“, sagte Benner der „Rheinischen Post“.
„Wenn nun auch beachtliche Teile der Union offen für die Reform der Schuldenbremse sind, sollte das auch Zweifler überzeugen können“, so die Gewerkschaftsvorsitzende weiter. „Wir brauchen mehr beherzte staatliche Investitionen in die Infrastruktur, Bildung, Wohnungsbau und Klimaschutz. Die wirtschaftliche Stagnation darf sich jetzt nicht vertiefen und verstetigen“, warnt sie.
„Wir verschließen uns keiner Reformdebatte. Ich sehe aber bisher keinen strukturierten Prozess“, erklärte Benner. „Wir sind offen für gemeinsame Aktionen zur Stärkung des Standorts und von Arbeitsplätzen. Wir sind etwa dafür, dass Selbstständige und Beamte in die Rentenversicherung einzahlen. Zudem brauchen wir mehr Qualifizierung in neue Berufe und müssen die hohe Zahl von 2,6 Millionen jungen Menschen ohne Berufsabschluss reduzieren. Auch das sind Themen für eine Sozialreform“, sagte die IG Metall-Vorsitzende.
Eine weitere Anhebung des Rentenalters lehnt sie jedoch ab. „Ein höheres Eintrittsalter bedeutet dann weniger Rente für die, die nicht mehr arbeiten können. Forderungen danach finde ich unanständig. Wir brauchen eine dauerhafte Stabilisierung des Rentenniveaus. Das haben sich die Menschen im wahrsten Sinne des Wortes verdient“, sagte Benner.
Zudem fordert sie die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent für Jahreseinkommen über 100.000 Euro bei einer gleichzeitigen Entlastung der Mitte. „Die Bundesregierung sollte den Spitzensteuersatz ab knapp sechsstelligen Jahreseinkommen auf 49 Prozent anheben und zugleich die arbeitende Mitte entlasten. Das wäre eine sinnvolle Steuerreform für Bürger und Betriebe“, sagte Benner.
Die von der FDP geforderte Streichung des Solidaritätszuschlags lehnt sie ab. „Es ist nicht zu erwarten, dass eine pauschale Senkung der Steuern für Unternehmen das Investitionsgeschehen anschiebt. Wir müssen aufpassen, dass wir dem Staat nicht zu viele Mittel entziehen. Starke Schultern können mehr tragen als schwache“, sagte Benner.
Sie forderte zugleich die Anhebung des Mindestlohns im kommenden Jahr auf 14 Euro pro Stunde. „Die EU-Richtlinie dazu gibt vor, dass der Mindestlohn bei 60 Prozent des Medianeinkommens liegen soll. Das sind in Deutschland ungefähr 14 Euro. Über den Weg dahin entscheidet aber die Mindestlohnkommission“, sagte die Vorsitzende.
In der Metall-Tarifrunde im Herbst werde es derweil vor allem um deutliche Lohnerhöhungen gehen. „Wir fragen derzeit die Stimmung in den Betrieben ab und werden im Sommer unsere Lohnforderung vorlegen. Schon jetzt zeichnet sich ab: In dieser Tarifrunde wird es vor allem um mehr Geld für die Beschäftigten gehen“, sagte Benner.
„Wir werden keine pauschale Verkürzung der Wochenarbeitszeit fordern. Mehr Arbeitnehmer sollen aber Wahlmöglichkeiten haben zwischen mehr Geld und mehr Freizeit. Schon jetzt haben sie Anspruch auf freie Tage für Erziehung und Pflege oder wenn sie in Schicht arbeiten. Das kann man deutlich ausweiten“, sagte sie.