Der Plan stelle „einen radikalen Systemwechsel“ dar und werde „weitreichende gesellschaftliche, organisatorische und personelle Folgen haben“, heißt es in der Stellungnahme, über die die „Süddeutsche Zeitung“ (Samstagausgabe) berichtet. Die Menschen aus dem bisherigen Modell herauszunehmen durchbreche „die absolut sinnvolle ganzheitliche Betreuung der Bedarfsgemeinschaften und der Familien durch die Jobcenter vor Ort“.
Die Stellungnahme stammt vom Bundesnetzwerk Jobcenter, in dem die Spitzen der Behörden organisiert sind und ist stellvertretend von zehn Jobcenter-Chefs unterschrieben worden. „Wir können dann nicht mehr die ganze Familie betreuen, obwohl wir die Verhältnisse von Eltern und Kindern in der Regel kennen“, sagte der Sprecher des Netzwerkes, Stefan Graaf, der SZ. „Es wird hier etwas ohne Not auseinandergerissen und auf zwei Behörden verteilt.“ Hintergrund sind die Sparvorgaben von Finanzminister Christian Lindner (FDP), der nach den Schuldenetats der vergangenen Jahre infolge von Corona und Energiekrise zu einem ausgeglichenen Haushalt zurückkehren will und dafür neue Steuereinnahmen ausgeschlossen hat. Deshalb soll auch das Arbeitsministerium Sparziele erfüllen. Die Betreuung der jungen Menschen im Jobcenter kostet den Bund 2025 etwa 900 Millionen Euro, werden diese Menschen von den Arbeitsagenturen betreut, so muss die Arbeitslosenversicherung dafür aufkommen. Die 900 Millionen Euro müssten Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit ihren Sozialbeiträgen bezahlen und der Bundeshaushalt würde entlastet. Andrea Nahles, die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), sagte der SZ: „Wir sind von der Entscheidung überrascht worden. Sie bedeutet für uns als BA und für die Jobcenter eine größere Reorganisation.“ Das Arbeitsministerium erklärte auf Anfrage, die Pläne verfolgten das Ziel, den jungen Menschen die Arbeitsförderung „einheitlich und aus einer Hand anzubieten“. Sich überlagernde Zuständigkeiten von Jobcentern und Arbeitsagenturen würden wegfallen, die Jobcenter entlastet. Man nehme den Umbau auch vor mit Blick auf die für 2025 geplante Einführung der Kindergrundsicherung, nach der viele junge Menschen Kindergrundsicherung statt Bürgergeld vom Jobcenter beziehen sollen. Die Jobcenter dagegen befürchten, dass es mit dem Umbau noch komplizierter wird und Jugendliche sich künftig je nach Hilfe an die Kindergrundsicherungsstelle, das Jobcenter, das Jugendamt und die kommunale Wohnungsstelle wenden müssen.
„Wir bitten alle Verantwortlichen nachdrücklich darum, den angedachten Systemwechsel unter keinen Umständen durchzuführen“, heißt es in der Stellungnahme der Jobcenter.