Der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel, hat sich in einem offenen Brief an seinen Parteifreund, Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, gewandt und diesen wegen dessen Äußerungen zum Kurs der Partei scharf kritisiert.
In dem Brief, aus dem die „Bild“ zitiert, schreibt Winkel: „Ich bin erstaunt und irritiert. Denn du warst mir bisher nicht als Politiker aufgefallen, der rückwärtsgewandt denkt und im Gestern lebt.“ Natürlich habe die CDU Angela Merkel viel zu verdanken: „Aber Angela Merkel hat auch der CDU viel zu verdanken. Die Partei hat ihr eine politische Weltkarriere eröffnet und immer wieder ermöglicht. Dass sie sich nun derart von der Partei abwendet, ist enttäuschend. Viele empfinden dies als respektlos.“
Winkel schreibt weiter: „Wenn du forderst, dass die CDU nicht nur kritisieren, sondern auch eigene Inhalte vorschlagen müsse, hast du wohl die letzten 2,5 Jahre verpasst. Die CDU irrte vor und kurz nach der Bundestagswahl orientierungslos und inhaltlich blank in der politischen Landschaft herum. Nach diesem Tiefpunkt ist der Partei ein historischer Kurswechsel gelungen. Vor allem in der Migrationspolitik, also bei der entscheidenden Fehleinschätzung, den die CDU unter der Führung Angela Merkels gemacht, aber nie korrigiert hatte.“
Günther hatte zuvor der Funke-Mediengruppe gesagt: „Viele, die unter Merkel CDU gewählt haben, erreichen wir im Moment nicht, aber sie sind nicht unerreichbar.“ Es gebe beispielsweise viele unzufriedene Grünen-Wähler, die wechselbereit wären. Man sollte sämtliche Wähler, die man unter Angela Merkel angesprochen habe, an sich binden. „Angela Merkels Kurs der Mitte war ihr Erfolgsrezept.“
Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang reagierte unterdessen auf Äußerungen von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in der „Bild am Sonntag“, wonach die Union mit „diesen Grünen“ keine Koalition anstreben könne: „Ich bin sehr überrascht darüber, dass sich die Union im Vorfeld ihres Parteitages mehr mit den Grünen als mit Ihrem Grundsatzprogramm beschäftigt“, sagte sie der „Bild“.
„Ich bin ja grade in Schleswig-Holstein unterwegs. Man kann der Union nur empfehlen, manchmal mehr auf die Leute in Regierungsverantwortung zu hören, egal ob es um Koalitionen oder um Schuldenbremse geht – außer die Meinung von denen hat eine Halbwertszeit von zwei Tagen wie bei Markus Söder.“