Die deutschen Kinderärzte beklagen massive Engpässe bei der Versorgung von kranken Kindern und Jugendlichen: So gebe es jetzt schon wieder bundesweit zu wenig Penicillin. „Das ist deshalb so gefährlich, weil Penicillin das beste Antibiotikum gegen Streptokokken-Infektionen ist“, sagte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Michael Hubmann, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagsausgaben).
Penicillin wirke gezielt. „Wenn wir auf breiter angelegte Antibiotika ausweichen müssen, erhöhen wir die Gefahr von Resistenzen.“ Engpässe gebe es darüber hinaus aktuell auch bei Salbutamol, einem wichtigen Wirkstoff gegen Asthma und chronische Lungenerkrankungen. An diesem Dienstag kommen Ärztevertreter bei Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu einem Versorgungsgipfel zusammen, es geht um die Lage der niedergelassenen Hausärzte und Kinderärzte.
Problematisch sei auch die Versorgunglage mit Blick auf die niedergelassenen Kinderärzte, so Hubmann: In den vergangenen 30 Jahren seien viel zu wenige Kinderärzte ausgebildet worden, jetzt gingen die Babyboomer in Rente und hinterließen eine gewaltige Lücke. Der BVKJ fordert daher eine rasche Entlastung der Praxen: „30 Prozent in unserer Arbeit haben nichts mit der Versorgung der Kinder zu tun – sondern mit überflüssiger Bürokratie. Klappt das nicht, werden wir die Versorgung auf dem jetzigen Niveau nicht aufrecht erhalten können“, so Hubmann.
Der Kinderärzte-Präsident beklagte zudem, dass viele Kinderkliniken aus Überlastung nach wie vor gezwungen seien, schwerkranke Kinder zu verlegen: „Das gehört inzwischen zum bitteren Alltag im Winter“, so Hubmann. „Wir haben uns schon daran gewöhnt, regelmäßig Kinder von München nach Garmisch zu transportieren, weil es in München kein freies Bett mehr gibt.“ Anfang Dezember hätten auch im Raum Nürnberg zwei von vier Kliniken kein einziges Bett mehr gehabt. „So lange sich nichts grundlegend an der Ausstattung der Kinderkliniken ändert, reichen kleine Infektionswellen, um wieder an die Belastungsgrenze zu kommen.“
Zur Entlastung der Eltern kranker Kinder fordern die Kinderärzte eine Ausweitung der Regelungen zum Kinderkrankengeld: Wichtig wäre es, dass auch Eltern, bei denen der eine privat und der andere gesetzlich versichert ist, davon profitierten, so Hubmann. Sei die Mutter mit dem gemeinsamen Kind privat versichert und der Vater gesetzlich, habe er bislang keinen Anspruch auf Kinderkrankengeld. „Das sollte sich ändern. Langfristig sollten auch private Krankenversicherungen verpflichtet sein, Kinderkrankengeld zu zahlen.“