„Während die vorherige Zielsetzung von 80 bis 95 Prozent Emissionsminderung auch Entwicklungspfade ohne den Einsatz von CCS zuließe, ist die Erfordernis von CCS mit der Zielsetzung von Netto-Null-Emissionen in den aktuellen Studien gemeinsamer Konsens“, heißt es im Evaluierungsbericht zum Kohlendioxid-Speicherungsgesetz, der an diesem Freitag in die Ressortabstimmung gegangen ist, und über den die Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ berichten. Kritiker halten die Technologie für überschätzt, denn bislang konnten weltweit nur wenige effektive CCS-Anlagen erfolgreich gebaut werden.
Laut Evaluierungsbericht würden Studien zu dem Schluss kommen, dass trotz der „zahlreichen Klimaschutzmaßnahmen bereits ab 2030 zusätzlich eine CO2-Abscheidung im Rahmen von CCU und CCS im Megatonnen-Maßstab notwendig sein wird, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen“. Zwar müsse die Reduktion von Klimagasen durch den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien sowie die Erhöhung der Effizienz grundsätzlich Vorrang haben, allerdings gebe es unvermeidliche „Restemissionen“ etwa in der Zementindustrie, die nur durch den Einsatz von CCS oder CCU neutralisiert werden könnten, so der Bericht. CCS steht für „Carbon Capture an Storage“ und meint das Auffangen, Abscheiden und unterirdische Speichern von Kohlendioxid, das bei industriellen Prozessen entsteht. Als Speicherorte kommen entweder ausgebeutete Gasfelder oder salzwasserführende Gesteinsschichten im Meeresuntergrund, so genannte „saline Aquifere“ in Frage. CCU wiederum steht für „Carbon Capture and Utilization“ und meint die Verwertung des aufgefangenen Kohlendioxids in chemischen Prozessen wie zum Beispiel der Produktion von Harnstoff. „Der Transport von CO2 auf verschiedenen Wegen und die konventionellen geologischen Speicheroptionen sind technisch ausgereift“, findet das Wirtschaftsministerium. In den vergangenen vier Jahren seien keinerlei Unfälle oder Umweltbeeinträchtigungen durch den Betrieb von CCS-Anlagen bekannt geworden. Allerdings seien einige Rechtsanpassungen nötig, wenn die Technologie zum Einsatz kommen solle. „Um den leitungsgebundenen Transport von CO2 zu ermöglichen, müssten Anpassungen des Immissionsschutzrechts, um Rechtsunsicherheiten bei der CO2-Abscheidung zu adressieren“, schreiben Habecks Beamte. Der Evaluationsbericht muss alle vier Jahre vorgelegt werden und bildet eine Grundlage für die „Carbon Management-Strategie“, die die Bundesregierung bis zum kommenden Jahr erarbeiten will. Langfristiges Ziel ist es, dass Deutschland nicht nur Treibhausgasneutralität erreicht, sondern Negativemissionen entwickelt. Die Technologien sind auch deshalb umstritten, da Umweltschützer fürchteten, dass diese zur Verlängerung der Kohleverstromung dienen könnten. Noch offen ist, ob aufgefangenes Kohledioxid auch in Deutschland eingelagert werden soll. Gegen Pilotanlagen hatte es massive Bürgerproteste gegeben. Andere Länder, etwa Norwegen, planen dagegen, massiv in die Technologie zu investieren.