„Wir müssen als Demokraten aufpassen, dass rechtsextreme Erzählungen nicht in der Mitte der Gesellschaft ankommen“, sagte Klingbeil dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Die Gesellschaft sei „müde“.
Das Land sei seit drei Jahren im Krisenzustand: Pandemie, Krieg in Europa, Energiekrise, Inflation. „Die Leute haben Zukunftsängste. Das sorgt dafür, dass ein Nährboden für Populismus entsteht, wie ihn die Rechtsextremen verbreiten.“ Er räumte ein, dass die Zerstrittenheit der Ampelkoalition zur Verunsicherung der Menschen geführt habe, aber dazu trage auch die Union bei, „weil sie sich mehr mit der Frage ihrer Kanzlerkandidatur beschäftigt als mit wirksamen Alternativen zur AfD“. Er glaube, dass CDU-Chef Friedrich Merz die „Brandmauer“ zur AfD wolle, aber ob er die Kraft habe, es in der gesamten Partei durchzusetzen, das werde sich zeigen. „Ich merke, dass genau diese Normalisierung – Dinge zu sagen, die auch die Rechten sagen – zumindest auf mancher lokalen Ebene in die CDU einsickert.“ Und: „Wenn es bei CDU und CSU inhaltlich wird, dann geht es um irgendwelche Identitätsdebatten, die Wasser auf die Mühlen der Rechten sind.“ Niemand im politischen Berlin rede etwa so viel über das Gendern wie Merz.
Die AfD gaukele den Leuten vor, es könne alles bleiben, wie es ist. Inhaltlich sei sie aber „völlig blank“. Der Wandel müsse vorangetrieben werden, damit Deutschland ein wirtschaftlich starkes Land bleibe, den Menschen müsse in diesen Zeiten Sicherheit gegeben werden. „Was dabei aber nicht funktioniert, ist eine Politik von oben herab, die den Menschen vorschreibt, wie sie sein sollen“, so Klingbeil.
Viele zögen sich immer mehr in ihre eigenen Kreise zurück, ein wirklicher Austausch mit anders Denkenden finde oft nicht statt. „Grundsätzlich müssen wir als Gesellschaft allerdings wieder stärker lernen, zuzuhören und andere Meinungen zu akzeptieren.“