Ein gutes halbes Jahr vor der Landtagswahl fordern SPD-Politiker in Thüringen eine restriktivere Migrationspolitik und die konsequentere Durchsetzung von „Recht und Ordnung“. Sie fordern ihre gesamte Partei auf, die „Mehrheitsgesellschaft“ stärker in den Blick zu nehmen, wie der „Tagesspiegel“ (Samstagsausgabe) berichtet.
„Es ist nicht die Zeit, Themen allein deshalb `rechts liegen zu lassen`, weil man sich von rechts nicht treiben lassen will“, heißt es im Gründungsdokument der „Seeheimer Thüringen“. Die Gruppe konstituierte sich am 10. Januar in Erfurt. Zu ihr zählen Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee und Forschungs-Staatssekretärin Katja Böhler sowie Abgeordnete aus Bundestag und Thüringer Landtag (alle SPD).
Die Gesellschaft sei „offenbar gefühlt oder tatsächlich mit der Anzahl von Migrantinnen und Migranten überfordert“, heißt es in dem 31-seitigen Dokument. „Die Begrenzung und Steuerung der Migration durchzusetzen“ zählt zu den zentralen Zielen der „Seeheimer Thüringen“. Die Akzeptanz der Migrationspolitik schwindet ihrer Ansicht nach „in atemberaubender Geschwindigkeit und bis hinein in bisher überaus tolerante Kreise“.
Die konservativen SPD-Politiker fordern eine „moderne, pragmatische und ideologiefreie Politik“. Es gelte „die Mehrheitsgesellschaft in den Blick zu nehmen, die Probleme der Menschen beim Namen zu nennen und für Lösungen zu sorgen“, heißt es in dem Papier.
„Wir Sozialdemokraten, ob in Erfurt oder Berlin, müssen stärker auf das hören, was die Mehrheit der Gesellschaft umtreibt und auf dieser Basis beherzte Entscheidungen treffen“, sagte Thüringens Wirtschaftsminister Tiefensee der Zeitung. „Wir brauchen eine aktive Zivilgesellschaft. Aber vor allem dürfen wir nicht die aktuellen Themen rechts liegen lassen, müssen vielmehr ohne Scheuklappen und pragmatisch überfällige Entscheidungen bei Migration, Klimapolitik und Sicherheit angehen.“
Co-Gründerin Katja Böhler sagte dem „Tagesspiegel“, es brauche „eine Migrationspolitik, die das Recht auf Asyl nicht aushöhlt, aber besser steuert“. Diese Steuerung müsse bereits außerhalb der EU-Grenzen einsetzen.
Gefragt sei „eine am Machbaren orientierte Klimapolitik, die die Menschen nicht überfordert, die die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nicht gefährdet, sondern erhöht“, so die SPD-Politikerin. „Wir Ostdeutsche haben 1989 unsere Freiheit erkämpft. Wir wollen, dass uns diese Freiheit erhalten bleibt und dass Menschen sich sicher fühlen.“ Dafür müssten Rechtsstaat und seine Institutionen gestärkt werden, denn nur der Staat könne die Durchsetzung der Grundrechte garantieren.