„Ich bleibe bei meiner Grundskepsis“, sagte der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner dem „Spiegel“. „Natürlich müssen wir die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine stärken – und das geschieht ja auch durch hocheffektive Flugabwehrsysteme, aber bei den Taurus-Marschflugkörpern handelt es sich um Waffen mit erheblicher Reichweite.“
Der Bundestagsabgeordnete vom linken Flügel warnte vor dem Risiko einer Eskalation des Krieges: „Dass der schlimmste aller Fälle noch nicht eingetreten ist, bedeutet nicht, dass es auch in Zukunft nicht dazu kommen kann“, so Stegner. Positiv äußerte sich hingegen SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz: „Deutschland ist bisher seiner Verantwortung in dem Konflikt gerecht geworden, und ich begrüße es, wenn wir diesen Weg nun zügig weitergehen. Die Entwicklungen in der Ukraine zeigen, dass zügige Entscheidungen in der Taurus-Frage nötig sind.“ Unterstützung kommt auch aus Reihen der FDP und Grünen. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, erklärte: „Wir warten auf das Bundeskanzleramt, dass endlich eine positive Entscheidung gefällt wird“. Die Taurus-Raketen sollten „schnellstmöglich geliefert werden“, sagte sie dem „Spiegel“. Ähnlich äußerte sich der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Ulrich Lechte: „Die Debatte muss in einer Lieferung enden.“ Die Ukraine könnte „ohne unsere Lieferungen im Schulterschluss mit den USA nicht bestehen“.
Auch aus den Reihen der Grünen kommt Unterstützung für eine Lieferung. „Für die Menschen in der Ukraine wäre es eine sehr gute Nachricht, wenn Deutschland wie andere Staaten zuvor Kurzstreckenraketen mit längerer Reichweite zur Selbstverteidigung liefern würde“, sagte Grünen-Vizefraktionsvorsitzende Agnieszka Brugger. Laut dem „Spiegel“ prüft die Bundesregierung, wie Deutschland die Ukraine in den kommenden Monaten mit Marschflugkörpern vom Typ Taurus aus Beständen der Bundeswehr versorgen kann. Derzeit laufen darüber sorgsam geheim gehaltene Gespräche mit der Rüstungsindustrie.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will durch technische Modifikationen der Taurus ausschließen, dass die Ukraine mit dem weitreichenden Waffensystem Angriffe auf russischem Territorium ausführen kann. Das Taurus-System hat eine Reichweite von über 500 Kilometern. Zu möglichen technischen Veränderungen sagte die Grünen-Verteidigungsexpertin Brugger dem „Spiegel“: „Die Ukraine hat sich beim Einsatz von deutschen Waffenlieferungen als verlässlicher Partner gezeigt und Absprachen eingehalten. Wenn es noch einige technische Modifikationen durch die Industrie für eine positive Entscheidung braucht, dann muss das aber nun schnell erfolgen.“