Die Forderung von CDU-Chef Friedrich Merz nach einem schärferen Jugendstraftrecht sorgt für kontroverse Reaktionen. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) unterstützt den Vorstoß: „Die Debatte um die Strafmündigkeit ist nicht neu, aber sie ist wichtig. Ich glaube schon, dass die Kinder von damals nicht mit den Kindern von heute vergleichbar sind“, sagte Reul der „Welt“ (Montagausgabe).
Kinder würden heute deutlich früher erwachsener, daher: „Wenn Kinder oder Jugendliche andere mit einem Messer angreifen, verprügeln oder gewaltsam bestehlen, dann sollten sie auch zur Verantwortung gezogen werden. Daher halte ich eine Debatte über eine Änderung der Strafmündigkeit weiterhin für sinnvoll“, so Reul.
In den Ampel-Fraktionen stößt Merz mit seiner aktuellen Forderung indes auf Ablehnung. „Friedrich Merz lässt hier den nächsten populistischen Testballon steigen“, sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese der „Welt“. Das geltende Jugendstrafrecht habe „im Fokus, dass das Kind – im wahrsten Sinne des Wortes – noch nicht in den Brunnen gefallen ist, sondern dass man junge Menschen wieder in die Spur bekommt.“ Wiese hält es für „geradezu absurd, dass die CDU jungen Menschen permanent die Fähigkeit zum Wählen ab 16 abspricht, sie jetzt aber beim Strafrecht durch die Hintertür in Haftung nehmen möchte“.
Es wäre wichtiger, „dass in den Bundesländern ausreichend Personal in der Justiz, bei der Jugendhilfe und Präventionsprojekten zur Verfügung steht, damit Jugendliche erst gar nicht auf die schiefe Bahn geraten“. Hier hätten „gerade CDU-regierte Länder erheblichen Nachholbedarf“, insbesondere Nordrhein-Westfalen.
Auch die FDP-Bundestagsfraktion geht auf Distanz. „Offenbar verkennt Friedrich Merz, dass die Strafmündigkeit in Deutschland bereits mit 14 Jahren beginnt“, so Rechtspolitikerin Katrin Helling-Plahr. Straftaten von Jugendlichen müsse „mit aller Konsequenz begegnet werden“.
Richtigerweise liege dem Jugendstrafrecht „aber die Überzeugung zugrunde, dass straffällig gewordene Jugendliche durch erzieherische Maßnahmen noch auf den richtigen Weg geführt können“. Die Erfahrung zeige, dass solche Maßnahmen erfolgreicher seien als bloße Schuldvergeltung. „Davon abweichen zu wollen, wäre daher sogar kontraproduktiv. Auch für Straftaten von jüngeren Kindern hält unsere Rechtsordnung darüber hinaus bereits Instrumente – bis zur Unterbringung in geschlossenen Heimen – bereit“, sagte Helling-Plahr der „Welt“.
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel schlug Merz gegenüber ebenfalls kritische Töne an, allerdings aus einer anderen Perspektive: „Die Aussagen von Herrn Merz sind das übliche Law-and-order-Getöse der CDU, wenn sie mal wieder versucht, strategisch rechts zu blinken: halbgar und unglaubwürdig.“ Weidel erinnerte an einen Gesetzentwurf ihrer Fraktion zur Herabsetzung der Jugendstrafmündigkeit von 14 auf zwölf Jahre, der von den übrigen Fraktionen, auch der Union, im Sommer abgelehnt worden war.
Die AfD fordert zudem eine Verschärfung für ältere Straftäter. „Die Volljährigkeit beginnt mit 18. Das sollte sowohl für das Wahlrecht als auch im Strafrecht gelten. Wir müssen vielmehr damit anfangen, die viel zu häufig praktizierte Anwendung des milden Jugendstrafrechts bei Erwachsenen im Alter von 18 bis 21 Jahren auszuschließen“, so Weidel. Die Strafen für Gewaltverbrechen müssten „deutlich verschärft und ausländische Täter zügig und dauerhaft abgeschoben werden“.
Merz hatte zuletzt der „Bild am Sonntag“ gesagt: „Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, dass wir über das Wahlrecht mit 16 sprechen, die Strafmündigkeit aber für die Jugendlichen zwischen 18 und 21 liegt. Und zwischen 18 und 21 fast regelmäßig nach Jugendstrafrecht und nicht nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt wird.“ Sein Vorschlag: „Das sollten wir ändern.“
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