SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert kritisiert EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) für ihren Annäherungskurs nach rechts scharf. „Von der Leyens wichtigstes politisches Anliegen ist ihre eigene Wiederwahl. Dafür ist sie nach eigenem Bekunden bereit, sich von radikal-rechten Parteien ins Amt tragen zu lassen“, sagte Kühnert am Dienstag dem Nachrichtenportal T-Online.
Dabei sei klar, dass sie den Rechtsaußen-Parteien politische Angebote unterbreiten müsse, um deren Stimmen zu bekommen. Doch dazu schweige sie. „Frau von der Leyen erwägt sich abhängig zu machen von europafeindlichen Kräften wie der PiS-Partei und den italienischen Fratelli, aber erklärt nicht, welchen Preis sie dafür zahlt“, so Kühnert weiter.
Sie bandele mit Parteien an, „die in ihren Ländern den Rechtsstaat angreifen, die Pressefreiheit beschränken und Frauenrechte abbauen, die von einem `vierten Reich` in Deutschland fabulieren und deren Abgeordnete im Parlament auch mal den Hitlergruß zeigen.“ Kühnert schloss eine Unterstützung der Sozialdemokraten für von der Leyens aus, sollte diese versuchen, sich mithilfe rechter Parteien ihre Wiederwahl zu sichern.
„Für die gesamte europäische Sozialdemokratie ist klar: Es gibt für uns keine wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit Rechtsradikalen im EU-Parlament. Unser Ehrenwort gilt“, so der SPD-Generalsekretär. Man werde nicht zu Steigbügelhaltern für Kräfte, die die EU erzkonservativ und autoritär umbauen wollen. „Ich fordere Frau von der Leyen auf, im Interesse des freien Europas ihren unappetitlichen Flirt mit der radikalen Rechten umgehend zu beenden.“
Der SPD-Generalsekretär kritisiert zudem das Verhalten der EVP-Spitzenkandidatin vor der Europawahl am 9. Juni. „Der Wahlkampf, den Frau von der Leyen führt, ist einem demokratischen Wettstreit der Argumente nicht würdig.“ Die derzeit wichtigste Politikerin Europas gebe seit Monaten praktisch keine Interviews, bestreite stattdessen lieber „Wohlfühl-Termine“. „Wer das freie Europa gegenüber den Autokraten dieser Welt vertreten will, sollte sich die Öffentlichkeitsarbeit nicht bei Xi Jinping abschauen: Per Einbahnstraße über die eigenen Kanäle und ohne Möglichkeit für kritische Nachfragen“, so Kühnert.
Die Wähler hätten das Recht zu erfahren, wofür von der Leyen inhaltlich stehe und ob das mit CDU-Politik noch etwas zu tun habe. „Nun macht die CDU sogar eine Kampagne gegen das EU-Verbrenner-Aus ab 2035, ein Prestigeprojekt von Ursula von der Leyen“, so Kühnert. Die CDU sammele zwei Wochen vor der Europawahl Unterschriften gegen die Politik ihrer Spitzenkandidatin. „Das ist schizophren.“