Sie verstoße gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines „menschenwürdigen Existenzminimums“, heißt es in einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Die Entscheidung betrifft konkret alleinstehende Erwachsene, die in Sammelunterkünften wohnen und sich seit mindestens 18 Monaten rechtmäßig in Deutschland aufhalten.
Ihnen hatte der Gesetzgeber ab dem 1. September 2019 einen um zehn Prozent geringeren Bedarf an existenzsichernden Leistungen zugeschrieben. Es sei nicht erkennbar, dass man in den Sammelunterkünften regelmäßig tatsächlich Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften erziele, die eine Absenkung der Leistungen tragen würden, so die Karlsruher Richter. Der Gesetzgeber könne zwar grundsätzlich auch eine von den Bedürftigen nicht genutzte, ihnen aber „an sich tatsächlich eröffnete und zumutbare Möglichkeit von Einsparungen“ berücksichtigen, doch fehle es an „hinreichend tragfähigen Anhaltspunkten“ für die Annahme, dass die Voraussetzungen dafür in den Sammelunterkünften tatsächlich gegeben seien. Die Verfassungswidrigkeit führt allerdings nicht zur Nichtigkeit des entsprechenden Abschnitts im Asylbewerberleistungsgesetz.
Die fortdauernde Anwendung der Norm sei anzuordnen, da das grundrechtlich garantierte Existenzminimum sonst nicht gesichert sei, so das Verfassungsgericht. Künftig sollen die Leistungen nach Maßgabe der Regelbedarfsstufe 1 berechnet werden. Die bereits bestandskräftigen Leistungsbescheide bleiben unberührt, soweit Leistungszeiträume vor Bekanntgabe der Entscheidung betroffen sind (Beschluss vom 19. Oktober 2022, 1 BvL 3/21).