„Es braucht Schnellverfahren gegen Gewalttäter, das Justizsystem muss entsprechend organisiert werden“, sagte Linnemann der „Bild am Sonntag“. Wer mittags im Freibad Menschen angreife, müsse abends vor dem Richter sitzen und abgeurteilt werden.
„Auch am Wochenende. Die Strafprozessordnung gibt das her.“ Auch das Strafmaß müsse voll ausgeschöpft werden, bis hin zu Haftstrafen. Grundsätzlich müsse es das Ziel sein, Straftäter sofort zur Verantwortung zu ziehen, so Linnemann. „Der starke Rechtsstaat funktioniert nur mit Abschreckung, wenn die Täter damit rechnen müssen, dass sie noch am gleichen Tag verurteilt werden und die Konsequenzen tragen.“ Was derzeit in den Freibädern passiere, sei zudem „schlicht unsozial“. Familien, die sich keinen Urlaub oder keinen Pool im eigenen Garten leisten könnten, müssten im Freibad mitansehen, „wie junge Männer, oft mit Migrationshintergrund, gewalttätig werden“. Sie hätten den Eindruck, dass der Staat nur zuschaue.
Die Forderung Linnemanns nach Schnellverfahren für Freibad-Straftäter stieß umgehend auf scharfe Kritik in den übrigen Parteien. Sonja Eichwede, rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, nannte den Vorschlag „Populismus pur“, weil er rechtsstaatliche Grundsätze und die Realität in der Justiz verkenne. „Ob beschleunigte Verfahren anwendbar sind, kann nicht nach politischem Willen eines CDU-Generalsekretärs beurteilt werden, sondern muss im Einzelfall durch ein Gericht entschieden werden“, sagte Eichwede der „Welt“. Es werde kaum jede Straftat im Freibad geeignet sein, einen Antrag auf ein beschleunigtes Verfahren zu stellen.
Der Grünen-Abgeordnete Marcel Emmerich, Obmann im Bundestags-Ausschuss für Inneres und Heimat, stimmt nur insoweit zu, als die Strafe der Tat auf dem Fuß folgen sollte. „Voraussetzung dafür ist eine angemessene personelle und finanzielle Ausstattung von Polizei und Justiz. Das liegt in Berlin in der Verantwortung von CDU-Mann Kai Wegner und seiner Justizsenatorin“, sagte Emmerich mit Blick auf Berlins Regierenden Bürgermeister. Einfach nur eine Forderung in den Raum zu werfen, sei „populistisch, zumal es in einem Rechtsstaat nicht Aufgabe von Politikern ist, den Richtern Vorgaben zum Strafmaß zu machen“.
In der FDP-Fraktion hält man Linnemanns Vorstoß auch wegen geltender juristischer Vorgaben für abwegig. „Selbstverständlich müssen Verfahren schnell durchgeführt werden. Herr Linnemann verrennt sich aber offenbar in Populismus“, sagte Rechtspolitikerin Katrin Helling-Plahr der „Welt“. Das sogenannte beschleunigte Verfahren etwa sehe eine Ladungsfrist von 24 Stunden vor, „das absolute Minimum, um einen rechtsstaatlichen Standard sicherzustellen“.
Zudem müsse Beschuldigten je nach zu erwartender Strafe ein Verteidiger gestellt werden. „Von diesen rechtsstaatlichen Mindeststandards sollte eine verantwortungsvolle Oppositionspartei keine Abkehr fordern. Stattdessen täte die CDU gut daran, in den Ländern mehr Richterstellen zu schaffen.“ Die Linksfraktion wirft der CDU unterdessen „reinen Law-and-Order-Populismus“ vor, der die Gesellschaft spalte. Die rechtspolitische Sprecherin Clara Bünger nannte Linnemanns Vorschläge eindimensional und realitätsfern. „Die Justiz kann keine gute Sozialarbeit ersetzen. Daher ist es auch ein großer Fehler, dass der Berliner Senat gerade in Neukölln massive Einsparungen im sozialen Bereich plant.“ Man brauche mehr Personal in Freibädern, mehr und besser bezahlte Sozialarbeit und mehr kostenlose Freizeitangebote für Jugendliche. Zustimmung für Linnemann kommt hingegen aus der AfD-Fraktion. Deren innenpolitischer Sprecher Gottfried Curio sagte, es stehe außer Frage, dass eine Strafsanktion eine „merklich abschreckende Wirkung“ entfalten sollte: „Da wird eine schnellstmögliche Behandlung der Fälle nur hilfreich sein.“ Ebenso wichtig sei auch, dies mit einer „wesentlich restriktiveren Zuwanderungs- und Abschiebungspolitik“ zu flankieren, damit die Gruppe, aus der die Täterklientel maßgeblich komme, nicht ständig größer werde. „Mehr Kontrollen an den Grenzen ermöglichen weniger Kontrollen an den Freibadeingängen.“