„Die Bundesärztekammer und das Paul-Ehrlich-Institut haben das Ziel einer diskriminierungsfreien Blutspende deutlich verfehlt“, sagte Andre Lehmann aus dem Bundesvorstand des Verbands. Der Bundestag hatte die Institutionen angewiesen, die Richtlinie so zu überarbeiten, dass spezielle Ausschlusskriterien für Männer, die Sex mit Männern haben, (MSM) und für transgeschlechtliche Menschen wegfallen.
Die daraufhin verfasste Neuregelung zielt aus Sicht der Bundesärztekammer nur noch auf den Ausschluss von Risikoverhalten ab: Dazu soll Sexualverkehr mit Personen, die mit Hepatitis B, Hepatitis C oder HIV infiziert sind, Sexarbeit und deren Inanspruchnahme, sowie Sexualverkehr mit insgesamt mehr als zwei Personen gehören. Auf Kritik seitens des Lesben- und Schwulenverbands stößt insbesondere, dass künftig auch Analverkehr außerhalb einer dauerhaften Beziehung als risikobehaftet klassifiziert werden soll. „Diese Risikoeinordnung entbehrt jeglicher wissenschaftlichen Grundlage“, sagte dazu Lehmann. „Weshalb die Kammer sich nun für die Weiterführung der Diskrimierung entscheidet, ist für den LSVD nicht nachvollziehbar.“ Der Deutsche Bundestag müsse hier unter Berufung auf die ausgesprochene Verpflichtung Nachbesserungen einfordern, forderte er. „Die Neuregelung trägt zur Stigmatisierung von gleichgeschlechtlichem Sex zwischen Männern als `schmutzig` und `gefährlich` bei. Für das individuelle Infektionsrisiko ist nicht das Geschlecht des Sexualpartners relevant, sondern die individuelle Gestaltung der Sexualkontakte im Hinblick auf die Vermeidung von Übertragungsrisiken“, sagte Lehmann. „Mit der Verbreitung von AIDS in den späten 1980er Jahren wurden schwule und bisexuelle Männer bei der Blutspende als Hochrisikogruppe eingestuft. Seither haben sich Nachweistechniken, Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten stark verbessert.“ Die Novellierung in dieser Form schließe auch Sex mit HIV-positiven Personen aus, welche unter medikamentöser Behandlung sind oder deren die Partner eine „Prä-Expositions-Prophylaxe“ (PrEP) einnehmen, kritisierte der LSVD-Vorstand und verwies darauf, dass laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) das HI-Virus unter Behandlung praktisch nicht übertragbar ist. „Zudem wird die Tatsache nicht erwähnt und in Betracht gezogen, dass Blutspenden vor der Verwendung auf Infektionskrankheiten untersucht werden und die Labortests nach sechs Wochen eine vorliegende Infektion anzeigen“, so Lehmann.