Mehrheit der Bundesländer fordert Bezahlkarte für Asylsuchende

Vor dem nächsten Flüchtlingsgipfel am 6. November fordert eine Mehrheit der Bundesländer eine bundesweit einheitliche Bezahlkarte statt der bisher geltenden Barauszahlungen an Asylbewerber und Geduldete.

Das ergab eine Abfrage der „Welt am Sonntag“ bei allen Bundesländern. Gerade unionsgeführte Länder wie Bayern, Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt werben auf Anfrage für eine Einführung, aber auch das rot-grün regierte Hamburg steht einer Bezahlkarte „positiv“ gegenüber.

Das Innenministerium von Sachsen-Anhalt etwa teilt zu Bezahlkarten mit: „Entscheidend ist, dass diese Karten guthabenbasiert sind und keine Überziehung ermöglichen. Des Weiteren dürfen mit ihnen keine Überweisungen ins Ausland möglich sein.“ In Bayern läuft bereits ein Pilotprojekt für solche Guthaben-Karten. Das dortige Innenministerium schreibt auf Anfrage: „Die bayerische Bezahlkarte soll nur in dem nach Asylgesetz oder Aufenthaltsgesetz zulässigen Aufenthaltsbereich einsetzbar sein. Es soll eine Möglichkeit geben, einen sehr geringen Anteil des Guthabens in Bargeld abzuheben, um damit auch Geschäfte tätigen zu können, bei denen bargeldlose Zahlung nicht möglich ist, etwa beim Pausenverkauf in der Schule.“ Für das Land Baden-Württemberg erklärt Siegfried Lorek, Staatssekretär im Ministerium für Migration: „Wir brauchen zeitnah ein Modell und das möglichst bundesweit einheitlich.“ Man wolle damit finanzielle Transferleistungen in die Herkunftsländer minimieren. Die Länder Bremen und Rheinland-Pfalz, hier amtieren Regierungschefs der SPD, zeigen sich skeptisch.

„Ohne Bargeld sind die Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe stark eingeschränkt, was die Integration perspektivisch massiv erschweren würde“, teilt das Integrationsministerium von Rheinland-Pfalz mit. „Das aktuell praktizierte Verfahren ist praxistauglich und Änderungsbedarf wird nicht gesehen.“ Bremen spricht sogar von „diskriminierenden Maßnahmen“ in Bezug auf Bezahlkarten, die keine Bargeldabhebungen ermöglichen. Die Länder sehen die Bundesregierung bei der Erarbeitung einer solchen Karte in der Pflicht, da das maßgebliche Asylbewerberleistungsgesetz in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fällt.

Der Regelsatz eines alleinreisenden Asylsuchenden liegt laut Asylbewerberleistungsgesetz in einer Erstaufnahme zunächst bei 410 Euro. Der notwendige Bedarf von 228 Euro wird meist in Sachleistungen gewährt, rund 182 Euro persönlichen Bedarf, ein sogenanntes „Taschengeld“, zahlen die Einrichtungen bisher meist in bar aus. Die vollständige Umstellung des Systems auf Sachleistungen halten fast alle Länder für nicht umsetzbar. Das Innenministerium von Sachsen-Anhalt etwa teilt mit: „Eine Umstellung von Geldleistungen auf reine Sachleistungen würde die Kommunen, die durch die aktuell sehr hohen Zugangszahlen von Schutzsuchenden bereits sehr stark belastet sind, vor erhebliche zusätzliche personelle, organisatorische und finanzielle Herausforderungen stellen.“

Flüchtlingsunterkünfte müssten etwa große Mengen an Kleidung in verschiedenen Größen vorhalten, Gutscheinmodelle für Dienstleistungen wie den Friseurbesuch entwerfen und massiv Personal etwa für Kantinen einstellen. Die Hamburger Sozialbehörde schreibt: „Auch wenn Sachleistungen in der aktuellen Diskussion vorzugswürdiger scheinen, verursachen sie im Ergebnis auch Kosten sowie nicht zu unterschätzenden Verwaltungs- und Personalaufwand.“




Das könnte Ihnen auch gefallen:

Werbung

Nach oben scrollen