„So laut wie jetzt haben die Alarmglocken des Wohnungsmangels lange nicht mehr geschrillt: Die Situation auf dem Wohnungsmarkt wird immer dramatischer“, sagte Mieterbundpräsident Lukas Siebenkotten den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben). Bund und Länder müssten das Ruder jetzt herumreißen.
„Oder wir erleben ein ungeahntes Desaster auf dem Wohnungsmarkt“, so Siebenkotten. Er erwartet für 2023 ein „sehr hartes Jahr“ für Mieter. Harald Schaum, stellvertretender Bundesvorsitzender der IG BAU, sprach angesichts des Wohnraummangels von einem Konflikt hinsichtlich der Fachkräftestrategie der Bundesregierung. „Wohnen und Arbeiten – das gehört zusammen. Keiner wird kommen, wenn er hier nicht oder nur zu horrend hohen Mieten wohnen kann“, sagte Schaum.
Derzeit sehe es so aus, als werde der Wohnungsmarkt den Arbeitsmarkt „in die Knie zwingen“. Der IG-Bau-Chef bezog sich dabei auf eine aktuelle Studie des Hannoveraner Pestel-Instituts sowie des landeseigenen schleswig-holsteinischen Instituts „Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen“ (ARGE), über die die Funke-Zeitungen berichten. Demnach ist der Wohnungsmangel so hoch wie seit 30 Jahren nicht mehr.
Bundesweit habe das Wohnungsdefizit zum Jahresende 2022 die Größe von rund 700.000 Wohnungen erreicht, heißt es in der Studie: „Dies ist mehr als die doppelte Jahresproduktion an Wohnungen.“ Vor allem der durch den Ukraine-Krieg unerwartet hohe Zuzug von Menschen habe den bereits zuvor schon angespannten Wohnungsmarkt demnach beansprucht. Aber auch die gestiegenen Investitionskosten und der damit zusammenhängende Einbruch von Bautätigkeiten habe sich negativ ausgewirkt. Während im vergangenen Jahr der Bauüberhang zwar auf 900.000 Wohnungen angestiegen sei, würden nun mehr Projekte eingestellt.
„Da aber alle noch nicht begonnenen Vorhaben derzeit auf dem Prüfstand stehen, wird ein starker Einbruch dann für 2024 erwartet“, heißt es in der Studie. „Ein aktuell frei finanziert errichteter Wohnungsbau lässt unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Kaltmiete von unter ca. 16,50 Euro nicht mehr zu“, schreiben die Studienautoren. Zunehmend hätten zudem ältere Menschen sowie Menschen mit Behinderungen Schwierigkeiten, eine Wohnung zu finden, da nur eine Million Wohnungen in Deutschland barrierefrei seien.