„Als wir vor 13 Jahren mit der ersten Untersuchung in München angetreten sind, dachten wir: Wenn die Kirche ernst nimmt, was in der Bibel steht, müsste sie in der Lage sein, eine gänzlich unabhängige Struktur zu schaffen“, sagte Wastl der „Süddeutschen Zeitung“. Aber aus heutiger Sicht sage er, „staatliche Unterstützung wäre sehr sinnvoll“.
Konkret sprach Wastl sich für eine unabhängige Ombudsstelle für Betroffene aus, bezahlt von der Kirche. Die Erzdiözese München und Freising habe bei der Prävention „durchaus Maßstäbe“ gesetzt, auch habe Erzbischof Kardinal Reinhard Marx aus seiner Sicht verstanden, dass es so nicht weitergehe mit der Kirche. Bei der Aufarbeitung bescheinigte Wastl der Erzdiözese aber noch „Luft nach oben“. Betroffene attestierten dem Erzbischof eine „zu passive Haltung“. Wastl äußerte sich auch zu den Klagen von Betroffenen gegen die katholische Kirche in Köln und Traunstein. Wastl nannte diese einen „genialen Schachzug, die Kirche muss jetzt Farbe bekennen“. Es werde offensichtlich, womit die Kirche große Probleme habe: Sie müsste sich aktiv auf die Verjährung von Missbrauchstaten berufen. Juristisch sei dies natürlich möglich, aber, so Wastl: „Wäre es als moralische Institution nicht sinnvoller, sich gegebenenfalls der Wahrheit und der eigenen Schuld zu stellen?“ Das Münchner Missbrauchsgutachten war weltweit auf große Resonanz gestoßen, weil es auch die Rolle des früheren Münchner Erzbischofs Kardinal Joseph Ratzinger, des späteren und mittlerweile verstorbenen Papstes Benedikt XVI. beleuchtete. Die Gutachter warfen Ratzinger Fehlverhalten in vier Fällen vor. Nach Veröffentlichung des Gutachtens musste Benedikt XVI. eine Aussage korrigieren, wonach er im Jahr 1980 doch an einer entscheidenden Ordinariatssitzung teilgenommen hatte, in der es um den Einsatz eines auffälligen Priesters ging.