„Wir sollten darüber nachdenken, ob wir nicht wie zu Zeiten des Kalten Kriegs in bestimmten Fällen politisch wichtige Figuren durch einen Gefangenenaustausch befreien sollten“, sagte Lagodinsky dem „Stern“. Auf die Nachfrage, ob das konkret einen Austausch des „Tiergartenmörders“ gegen Nawalny bedeutet, antwortet Lagodinsky: „Ich denke, dass das sinnvoll wäre.“
Nawalny kandidierte 2017 bei den Präsidentschaftswahlen, wurde jedoch von einer Teilnahme ausgeschlossen. 2020 überlebte er einen vom russischen Geheimdienst ausgeführten Giftanschlag. 2021 kehrte er von Deutschland aus nach Russland zurück, wurde dort festgenommen und zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Am heutigen Freitag wird ein Urteil in einem weiteren Prozess erwartet. Nawalny drohen weitere 20 Jahre Haft. Wadim Krassikow wurde 2021 von einem Berliner Gericht zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Er hatte vermutlich im Auftrag eines russischen Geheimdienstes 2019 im Berliner Tiergarten mit mehreren Schüssen den georgischen Offizier Selimchan Changoschwili ermordet. Lagodinsky, aufgewachsen im russischen Astrachan und später nach Deutschland emigriert, ist überzeugt, dass ein Gefangenenaustausch im Interesse Deutschlands wäre. Er bezeichnet es als geostrategisches Interesse, dass Nawalny überlebe. „Mit Nawalny meine ich nicht nur ihn persönlich, sondern auch andere Leute wie Kara-Mursa oder den ebenfalls inhaftierten Ilja Jaschin. Nawalny ist unter den Genannten sicher derjenige mit der größten Breitenwirkung in der russischen Bevölkerung. Sein Überleben ist für Russland die beste Chance auf eine demokratische Zukunft.“