Im Rahmen des Rüstungsprojekts „Digitalisierung Landbasierter Operationen“ (D-LBO) will die Bundeswehr 34.000 Fahrzeuge vom Panzer bis zum Geländewagen mit digitalen Funkgeräten ausstatten, aber nun wird klar, dass es Probleme beim Einbau gibt. „Ich sehe meine Bedenken bestätigt“, sagte der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz der „Welt“ (Montagausgabe).
Es sei ihm unverständlich, wieso der Auftrag ausgelöst worden sei, obwohl „die Frage der Integration und der multinationalen Einsatzfähigkeit immer noch nicht geklärt ist“. Schwarz prognostiziert: „Das wird auch noch Jahre dauern. Wir geben hier Milliarden für Funkgeräte aus, die voraussichtlich im Regal verstauben und bei der Truppe wahrscheinlich lange nicht zum Einsatz kommen.“ Im sogenannten Sondervermögen von 100 Milliarden Euro ist eine zweistellige Milliardensumme für die digitale Vernetzung mit mehreren Projekten eingeplant, darunter die 34.000 Führungsfunkgeräte.
Im Dezember 2022 bewilligte der Haushaltsausschuss des Bundestags zunächst 1,3 Milliarden Euro für den Führungsfunk, dazu die Option auf weitere 1,5 Milliarden Euro. Am Ende könnte das Beschaffungsvorhaben Führungsfunk ein Volumen von fast fünf Milliarden Euro haben. „Der erforderliche Aufwand für die Muster- und Serienintegrationen in die Fahrzeuge ist erheblich und kann nur im Zusammenwirken mit der wehrtechnischen Industrie erfolgen“, teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums der „Welt“ mit. Die Abstimmungen dazu liefen, einen konkreten Zeitplan mochte der Sprecher nicht benennen.
Fest stehe aber schon jetzt, „dass insbesondere die zeitliche Umsetzung im Wesentlichen von der Leistungsfähigkeit der wehrtechnischen Industrie abhängen wird“. Dabei drängt die Zeit: Die Bundesregierung steht bei der Nato im Wort, ab 2025 eine voll ausgerüstete Division mit drei Brigaden und 15.000 Soldaten bereitzustellen. Die vorbereitenden Übungen und Zertifizierungen stehen bereits 2024 an. Dafür müssten rund 10.000 Fahrzeuge mit einer digitalen Anfangsbefähigung („D-LBO basic“) zur Verfügung stehen.
Ohne diese Ausstattung wäre die Division mit veralteter, analoger und damit nicht abhörsicherer Kommunikationstechnik nicht führungsfähig, die Zusage an die Nato obsolet – eine Blamage für Verteidigungsminister Pistorius. In den für das Projekt zuständigen Abteilungen des Verteidigungsministeriums und des nachgeordneten Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung hat sich offenbar niemand rechtzeitig um die Frage der Montage gekümmert. Es geht um Adapterplatten, zu geringe Batteriekapazitäten, zu kleine Lichtmaschinen – und das alles für mehr als 100 unterschiedliche Fahrzeugtypen. Schon die Direktvergabe des Auftrags an Rohde & Schwarz war umstritten, der Vertrag wird vom französischen Konkurrenten Thales juristisch angefochten, das Verfahren ist am Oberlandesgericht Düsseldorf anhängig.
Dass die Führungsfunkgeräte trotz des anhängigen Rechtsstreits ausgeliefert und auch bezahlt werden, liegt an von Pistorius Vorgängerin Christine Lambrecht (SPD) durchgesetzten Änderungen im Vergaberecht, die Verzögerungen im Zuge der sogenannten „Zeitenwende“ verhindern sollten. Der Auftrag wurde mit der Ausnahmebegründung vergeben, dass es aufgrund einer Gefährdung der nationalen Sicherheit durch den Ukraine-Krieg besonders schnell gehen müsse. Dieses Ziel haben Verteidigungsministerium und Beschaffungsamt bereits verfehlt.