Der Ökonom Martin Werding hat sich für Änderungen bei der Frührente ausgesprochen. Die Freiheit, ab 63 Jahren mit Abschlägen in Rente zu gehen, sei zwar in Ordnung: „Abschläge von 3,6 Prozent pro Jahr sind dafür aber zu niedrig“, sagte Werding den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwochausgaben). „Stattdessen müssten es 5 bis 6 Prozent sein.“
Gänzlich abschlagsfreie Frührenten für Personen, die gesund sind und normal bis überdurchschnittlich verdienen, passten „angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels überhaupt nicht in die Landschaft“, so Werding weiter. In Deutschland ist es ab 63 Jahren grundsätzlich möglich, in Frührente zu gehen. Versicherte müssen dafür aber 35 Jahre Versicherungszeiten bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) nachweisen – und dann Abschläge akzeptieren.
Je Monat, den man vor dem eigenen Renteneintrittsalter in Rente geht, liegt der Abschlag bei 0,3 Prozent – auf ein Jahr gerechnet also bei 3,6 Prozent. Für besonders langjährig Versicherte, die 45 Beitragsjahre nachweisen können, ist eine Frühverrentung ohne Abschläge möglich.
Anlass für Werdings Vorstoß sind neue Zahlen der Rentenversicherung zu weiterarbeitenden Ruheständlern. Wie aus einer Anfrage der Linken bei der Bundesregierung hervorgeht, lag die Zahl arbeitender Rentner Ende 2022 bei 1,3 Millionen. Werding sagte, die Zahl der Personen, die trotz Rentenbezugs erwerbstätig sind, sei in Deutschland in den letzten 15 Jahren deutlich gestiegen.
„Nur rund ein Viertel dieser Gruppe bleibt aus finanziellen Gründen aktiv. Auch dann geht es nicht immer um Armutsvermeidung, sondern darum, sich zusätzliche finanzielle Spielräume zu erarbeiten“, sagte der Ökonom weiter.
Vom Sozialverband Deutschland (SoVD) hieß es, es sei erfreulich, dass viele Menschen auch nach dem Renteneintritt arbeiten möchten. „Wir dürfen aber nicht vergessen, dass viele Rentnerinnen und Rentner weiterarbeiten müssen, weil ihre Rente einfach nicht ausreicht. Hier müssen wir dringend ansetzen und die Renten dauerhaft auf ein Niveau anheben, das ein Leben ohne finanzielle Sorgen ermöglicht“, sagte die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Entscheidend sei auch, dass die Menschen bis zur Rente gesund blieben. Die FDP im Deutschen Bundestag verwies auch darauf, dass ältere Beschäftigte oft gut ausgebildet und mit ihrem Erfahrungsschatz in den Firmen sehr gefragt seien. Die Rentenaufschubprämie solle deshalb ermöglichen, den Rentenbeginn zugunsten einer Beschäftigung zu verzögern.
„Für diejenigen, die noch motiviert sind, mit anzupacken, soll es sich auch richtig lohnen“, sagte die rentenpolitische Sprecherin der Fraktion, Anja Schulz, der Funke-Mediengruppe (Mittwochausgaben). Der sozialpolitische Sprecher der FDP, Pascal Kober, ergänzte, Ziel müsse es sein, dass mehr Menschen freiwillig länger in Arbeit bleiben. Das werde man durch finanzielle Anreize, einen effektiveren Einsatz von Prävention und Reha sowie einen Abbau unnötiger Hürden im Arbeitsrecht erreichen.