„Der Bundestag hat sich davor gedrückt, die Sterbehilfe endlich verfassungskonform zu regeln“, sagte der Professor für Medizinethik an der Universität Lausanne (UNI) der „taz“ (Freitagsausgabe). „Er ist eingeknickt vor dem Chor der Stimmen aus der Fundamentalopposition, die auf Zeit spielen wollen. Man rechnet damit, dass die Ärzteschaft weiterhin restriktiv mit dem Thema Suizidhilfe umgeht.“
Das Problem dabei sei, dass es immer mehr Menschen gebe, die in ausweglosen Leidenszuständen diese Art der Sterbehilfe ernsthaft ins Auge fassten. „Sie werden allein gelassen, ebenso wie die vereinsmäßigen Sterbehelfer und hilfswilligen Ärzte in ihrer Rechtsunsicherheit“, beklagte Jox, der auch leitender Arzt der Abteilung Geriatrische Palliative Care am Universitätsspital CHUV ist. Gegenwärtig sei die Hilfe zur freiverantwortlichen Selbsttötung zwar erlaubt, aber das Betäubungsmittelgesetz mache es beinahe unmöglich, die dafür geeigneten Mittel auf legale und angemessene Weise zu erhalten. Jox sagte, es sei nicht zu erwarten, dass die Ärztekammern berufsrechtliche Regelungen wie in der Schweiz aufstellten. „Die Sterbehilfe-Vereine schalten und walten nach Gutdünken, aber es gibt kaum Transparenz und Einheitlichkeit“, so der Experte weiter. „Der Bundestag nimmt seine gesetzgeberische Aufgabe nicht wahr, während um uns herum ein Land nach dem anderen Gesetze erlässt – erst Spanien, dann Österreich, nun auch Portugal. Eine Regelung wäre nicht übereilt gewesen, sie ist überfällig.“ Der Gesetzentwurf der Gruppe um die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr hätte Jox zufolge die nötige Regelung gebracht. „Dieser Entwurf hatte sich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wirklich zu Herzen genommen“, sagte er. Man habe erkennen können, dass dabei Sachverstand und Realitätsnähe im Spiel gewesen seien. „Der Gesetzentwurf begann nicht mit Strafen und Sanktionen, sondern mit der Formulierung von Rechten: dem Recht des Bürgers auf Hilfe zur Selbsttötung und dem Recht des Anderen, diese Hilfe zu gewähren.“ Sorgfältig seien darin Regeln formuliert worden, um eine freie, selbstbestimmte, wohlerwogene Entscheidung sicherzustellen. Als weiteren wichtigen Punkt dieses Entwurfs nannte Jox die Beratung, die hier „nicht als ideologische Hürde, sondern als ergebnisoffene Unterstützung verstanden wurde“.