Im Streit des Sachverständigenrats um die Annahme eines Aufsichtsratsmandats stellen sich prominente Ökonomen hinter Veronika Grimm.
„Im Sachverständigenratsgesetz steht nichts von einer Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft und der Wahrnehmung eines Aufsichtsratsmandates“, sagte Bert Rürup, der frühere Vorsitzende des Gremiums, dem „Handelsblatt“ (Donnerstagsausgabe). Zudem mache diese Entweder-Oder-Forderung Sinn. „Wenn Frau Grimm das Aufsichtsratsmandat bei Siemens Energy ausschlägt, ändert das doch nichts an ihrer Einschätzung der Energiepolitik der Bundesregierung“, sagte er.
Vier der fünf Mitglieder legen der Wirtschaftsweisen Grimm per E-Mail den Rücktritt aus dem Gremium nahe, weil sie in den Aufsichtsrat von Siemens Energy einziehen will. In Kopie sind dabei Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt und Wirtschaftsminister Robert Habeck gesetzt. Für Rürup ein überraschendes Verfahren: „Solch eine Vorgehensweise kenne ich aus meiner Zeit als Vorsitzender des Sachverständigenrats nicht“, sagte er. Auch wenn man sich heftig über den einen oder anderen Punkt gestritten habe. „Am Ende konnte man immer noch gemeinsam zum Abendessen gehen und eine Glas Wein zusammen trinken“, sagte er. Rürup ist heute „Handelsblatt“-Chefökonom.
Auch der Ex-Wirtschaftsweise Volker Wieland stärkte Grimm den Rücken: „Natürlich kann Frau Grimm als Wissenschaftlerin und Ratsmitglied ein Aufsichtsratsmandat wahrnehmen.“ Ein Aufsichtsrat kontrolliere ein Unternehmen, er führe es nicht. „Wissenschaftler in Aufsichtsräten gibt es öfters. Das ist positiv für den Rat, da man praktische Einblicke in die Realität der Wirtschaft bekommt“, so Wieland. Der Finanzwissenschaftler verwies zudem auf das Gesetz zum Sachverständigenrat: „Das Thema Befangenheit taucht schon deshalb nicht im Gesetz auf, weil der Rat nur berät und keine Verwaltungsentscheidungen trifft.“