Rabbiner und Tierschützer kritisieren Schächtverbot der AfD

Ein Antrag der AfD-Bundestagsfraktion zum ausnahmslosen Verbot des Schächtens sorgt für scharfe Kritik.

Der Beauftragte der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Frank Schwabe (SPD), sagte der „Welt“ (Mittwochsausgabe): „Ein Schächtverbot würde jüdisches und muslimisches Leben unmöglich machen und wäre damit ein Verstoß gegen die Religionsfreiheit.“ Er begrüße, dass sehr konstruktive Debatten darüber stattfänden, wie mehr Tierschutz ermöglicht werden könne, ohne die freie Ausübung der Religion zu gefährden, so Schwabe.

„Die AfD will aber genau diesen konstruktiven Diskurs gerade nicht. Sie will spalten und diffamieren“, sagte der SPD-Politiker. Der Vorsitzende der Orthodoxen Rabbinerkonferenz bezeichnete die AfD-Forderung als „unsäglich“ und „scheinheilig“. „Vor allem soll es dabei gegen Muslime gehen, und gleichzeitig nimmt man die jüdische Gemeinde als Kollateralschaden in Kauf“, sagte Avichai Apel. Wissenschaftlich sei nicht bestätigt, dass Schächten mehr Leid verursache als konventionelle Schlachtungen, sagte er. Das betäubungslose Schlachten ist in Deutschland nur für Angehörige von Religionsgemeinschaften erlaubt, die das sogenannte Schächten vorschreiben. Die AfD-Fraktion im Bundestag beantragt nun, den entsprechenden Paragrafen im Tierschutzgesetz zu streichen. Der AfD-Abgeordnete Stephan Protschka wies die Kritik zurück. „Ich diskriminiere überhaupt keinen, ich schütze unsere Tiere“, sagte er. Das Verbot habe nichts mit Antisemitismus zu tun, denn er habe jüdische Freunde. Der Landwirtschaftspolitiker verbindet seine Forderung zudem mit einer Kritik an islamischen und jüdischen Vorschriften. „Rituale muss man modernisieren, wie sich auch die christliche Kirche modernisiert hat“, sagte Protschka. Der Deutsche Tierschutzbund fordert ebenfalls ein „generelles und von den Beweggründen unabhängiges Verbot des betäubungslosen Schlachtens“. Auf der Anfrage der „Welt“ heißt es allerdings: „Die AfD missbraucht den Tierschutz, um gegen Religionsgemeinschaften und deren Angehörige zu agitieren.“ Verbandspräsident Thomas Schröder sagte: „Tiere in der Landwirtschaft müssen durch eine Vielzahl systemimmanenter Missstände leiden. Wenn die einzige vermeintliche Initiative in Sachen Tierschutz auf die – kaum noch angewandte – Ausnahmegenehmigung zum betäubungslosen Schlachten aus religiösen Gründen zielt, ist die Absicht eindeutig.“

Eyüp Kalyon, Sprecher des Koordinationsrats der Muslime, ergänzte: „Muslime sind angehalten, dem Tier so wenig Leid wie möglich zuzufügen.“ Die Deutungshoheit, ob und wie etwas in einer religiösen Praxis umzusetzen sei, obliege der jeweiligen Religionsgemeinschaft selbst, so Kalyon.




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