Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) lehnt es ab, vor der Landtagswahl am 1. September 2024 die Landesverfassung zu ändern, um die Wahl eines AfD-Politikers zum Ministerpräsidenten auch im Falle einer AfD-Mehrheit zu verhindern. „Ich halte von diesen apokalyptischen Zuspitzungen überhaupt nichts“, sagte Ramelow dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben). Er stellte sich damit gegen Landesinnenminister Georg Maier (SPD), der dies gefordert und außerdem gewarnt hatte, die Demokratie sei „sehr nah am Kipppunkt“.
„Was soll das Apokalyptische daran sein? Dann hätten eben 30 Prozent der Wähler entschieden, dass sie eine blaue Vertretung wollen. Ich fände das politisch schade. Aber dann wäre die Welt immer noch nicht untergegangen. Die zwei Drittel derer, die nicht AfD gewählt haben, müssten die Demokratie mit Leben füllen.“ Der Linken-Politiker fügte hinzu: „Wer den Wahlkampf noch nicht mal geführt hat, der sollte nicht schon die Niederlage thematisieren und glauben, das Problem am Ende nur über juristische Spitzfindigkeiten lösen zu können.“ Wenn der SPD-Vorsitzende in Thüringen davon spreche, dass man die Verfassung wetterfest machen und den Passus zum dritten Wahlgang des Ministerpräsidenten ändern müsse, dann sei das „eine seltsame Aussage“, so Ramelow: „Denn sie blendet aus, dass im dritten Wahlgang auch der SPD- oder der CDU-Vorsitzende kandidieren könnte – und ich sage: kandidieren müsste. Ich habe das 2009 getan und meine staatspolitische Pflicht damit erfüllt. Diese Verfassungsänderung ist völlig überflüssig, wenn man einen anderen Kandidaten aufstellt.“ Ramelow weiter: „Es geht nicht um einen Staatsapparat, der die Parteien schützt. Nein, die Parteien müssen die Demokratie schützen. Ich sehe das als eine Herausforderung.“ Zudem mahnte er eine Überwindung der Polarisierung an: „Die Angst davor, dass als Ausdruck einer demokratischen Wahl etwas Undemokratisches geschehen könnte, macht doch deutlich, dass wir in dieser Gesellschaft aufeinander zugehen müssen“, sagte der Ministerpräsident dem RND. „Ein Instrument, um dies zu gewährleisten, könnten mehr Elemente direkter Demokratie sein.“
Darüber, dass die SPD es ablehne, dies in der Verfassung festzuschreiben, sei er seinerseits „verdutzt“. Thüringens Innenminister Maier hatte sich in der „Süddeutschen Zeitung“ für eine Präzisierung des Verfassungsartikels zur Ministerpräsidentenwahl ausgesprochen. Die jetzige Formulierung schließe nicht aus, dass ein Kandidat im dritten Wahlgang mit einer einzigen Stimme gewählt wäre, obwohl alle anderen Abgeordneten gegen diesen stimmen, wenn es keinen Gegenkandidaten gäbe. Laut Artikel 70 der Thüringer Verfassung braucht ein Ministerpräsident im ersten und zweiten Wahlgang die absolute Mehrheit.
Weiter heißt es: „Kommt die Wahl auch im zweiten Wahlgang nicht zustande, so ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen erhält.“