Der Bundesrechnungshof (BRH) hat erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel an der von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) geplanten Verwendung von Rückflüssen aus Notlagenkrediten im Bundeshaushalt 2025.
„Die Verwendung von Rückflüssen aus Notlagenkrediten zur Finanzierung allgemeiner Haushaltsausgaben würde den fortbestehenden zwingenden Zusammenhang zwischen Kreditaufnahmen und Notlage auflösen“, heißt es in einem BRH-Bericht für den Haushaltsausschuss des Bundestags, über den die „Rheinische Post“ in ihrer Samstagsausgabe berichtet.
„Dies ist mit dem Sinn und Zweck des von der Schuldenregel vorgesehenen Ausnahmeinstrumentes nicht vereinbar“, schreibt der Rechnungshof in seiner Analyse zur Lage der Bundesfinanzen und zum Bundeshaushalt 2025. „Die Rückflüsse aus Notlagenkrediten in Höhe von rund 3,5 Milliarden Euro dürfen deshalb nicht zur allgemeinen Haushaltsfinanzierung verwendet werden“, warnen die Rechnungsprüfer. „Sie sind nach Auffassung des Bundesrechnungshofes vielmehr zur Tilgung der Notlagenkredite heranzuziehen. Es droht damit eine weitere Finanzierungslücke“, so der BRH.
Bei den vom Rechnungshof monierten Beträgen geht es um Einnahmen aus Rückzahlungen von Corona-Soforthilfen in Höhe von 300 Millionen Euro, Einnahmen aus der Abwicklung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds Energiekrise in Höhe von 2,9 Milliarden Euro sowie Einnahmen aus der Stabilisierung des Gasunternehmens Securing Energy for Europe GmbH (SEFE) in Höhe von 300 Millionen Euro. Diese Beträge werden im Entwurf des Bundeshaushalts 2025 als reguläre Einnahmen verbucht.
Zum selben Ergebnis kommt auch der Verfassungsrechtler Hanno Kube in einer Stellungnahme für die Expertenanhörung im Haushaltsausschuss am kommenden Montag. „Verfassungsrechtlich unzulässig erscheint die für 2025 geplante Verwendung von Einnahmen aus zurückfließenden Notlagenkreditmitteln zur allgemeinen Haushaltsfinanzierung“, schreibt Kube in der Stellungnahme.
Das Bundesfinanzministerium verteidigt in der Antwort auf eine schriftliche Frage des CDU-Bundestagsabgeordneten Mathias Middelberg dagegen die geplante Verwendung der Rückzahlungen als Einnahmen im Bundeshaushalt. So bezweifelt es, ob es sich im Falle der Corona-Soforthilfen „tatsächlich um eine `Rückzahlung` handelt, also um eine Rückführung genau der damals ausgezahlten Mittel, oder ob die Mittel bereits den Zuständigkeitsbereich des Bundes verlassen hatten und der Notlagenmaßnahme außerhalb des direkten Einflussbereiches des Bundes zugeführt wurden“, wie es in der Antwort des Finanzministeriums heißt.
„Das Finanzministerium verteidigt die Verbuchung von Einnahmen aus Corona-Notlagenkrediten im Haushalt 2025 mit allein formalistischen Argumenten“, kritisiert Middelberg. „Materiell handelt es sich aber klar erkennbar um einen Rückfluss von Geldern, die ursprünglich unter Berufung auf die `Notlage Corona` unter Aussetzung der Schuldenbremse als Kredite aufgenommen wurden.“ Dies moniere auch der Bundesrechnungshof sowie namhafte Finanzverfassungsrechtler. „Finanzminister Christian Lindner sollte deren Hinweise auf `hohe verfassungsrechtliche Risiken` sehr ernst nehmen“, sagte Middelberg der „Rheinischen Post“.
„Auch die genannten weiteren Rückflüsse aus Notlagenkrediten darf die Regierung jetzt nicht zur allgemeinen Haushaltsfinanzierung verwenden. Anderenfalls hätten wir wieder einen Fall der `Umwidmung` von Krisen-Geldern, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur Auslegung der Schuldenbremse ausdrücklich moniert hatte“, sagte der Unionsfraktionsvize. „Wir wollen ausdrücklich keine neue Verfassungsklage. Sollte der Finanzminister diese verfassungswidrigen Buchungsvorschläge aber ins Werk setzen, wäre das ein veritabler Klagegrund“, sagte Middelberg.
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