Richterbund drängt auf Reform von „Kinderpornografie“-Paragraf

Der Deutsche Richterbund hat Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) aufgefordert, die 2021 drastisch verschärften Strafvorschriften gegen "Kinderpornografie" schnell zu korrigieren.

Aus Sicht der Justizpraxis sei eine Korrektur dringend erforderlich, sagte Richterbund-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Mittwochausgaben). „Die Änderungen sind seinerzeit gegen den Rat aller Experten durchgesetzt worden, deren Bedenken sich inzwischen voll bestätigt haben. Staatsanwaltschaften und Gerichte müssen sich seither mit einer Vielzahl von Fällen befassen, die eigentlich nicht vor die Strafgerichte gehören“, sagte Rebehn.

So drohe zum Beispiel Eltern eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, die in Klassenchats ihrer Kinder auf Fälle von „Kinderpornografie“ stießen und die Schulleitung darauf hinweisen wollten und dabei die Dateien unbedacht weiterleiteten. „Durch das geltende Strafrecht wird die vermeintlich gute Tat des Aufklärens zum Bumerang“, sagte Rebehn. Schriftliche Strafbefehle oder Einstellungen von Verfahren gegen Auflagen seien auch in derartigen Fällen nicht mehr möglich. „Damit erschwert die überschießende Reform eine abgestufte, tat- und schuldangemessene Bestrafung im Einzelfall und bindet viel Personal in der Strafjustiz, das dringend gebraucht würde, um eine wachsende kriminelle Szene noch intensiver zu verfolgen.“ Das Problem hat auch Minister Buschmann erkannt und eine Reform im Laufe des Jahres angekündigt. Dem Richterbund geht der Prozess aber nicht schnell genug: „Der Bundesjustizminister sollte die Forderungen der Justizpraxis und der Landesjustizministerien jetzt schnellstmöglich aufgreifen und noch vor der Sommerpause einen Vorschlag zur Korrektur der missglückten Strafvorschriften machen“, sagte Rebehn vor der Justizministerkonferenz, die am Donnerstag in Berlin starten soll.




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