„Der verunglückte Entwurf für ein Cannabisgesetz ist durch kosmetische Detailkorrekturen kaum zu retten.“, sagte Sven Rebehn, Bundesgeschäftsführer des Richterbundes, der „Rheinischen Post“ (Mittwochsausgabe). „Es ist zu hoffen, dass die Regierungspläne im Parlament noch grundlegend überarbeitet werden.“
Aus Sicht des Richterbundes sind die Pläne der Koalition nicht geeignet, um die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ausgerufenen Ziele zu erreichen. „Insbesondere werden Justiz und Aufsichtsbehörden durch die Gesetzespläne nicht spürbar entlastet, sondern zusätzlich belastet. Das sehr kleinteilige Gesetz mit Dutzenden Bußgeldtatbeständen würde einen hohen Kontrollaufwand, zahlreiche Streitfragen und viele neue Fälle für die Gerichte nach sich ziehen“, sagte Bundesgeschäftsführer Rebehn. Zwar würden für die Staatsanwaltschaften etliche Bagatellfälle entfallen, dem stünden aber neue Strafvorschriften mit erheblichen Nachweisschwierigkeiten und großem Ermittlungsaufwand gegenüber. Auch verwaltungsgerichtliche Verfahren und nachbarschaftliche Streitigkeiten rund um den Cannabis-Anbau dürften sich häufen. „Zudem ist kaum zu erwarten, dass der Schwarzmarkt durch die hochkompliziert ausgestaltete Cannabis-Teilfreigabe effektiv eingedämmt werden kann, zumal wichtige Ermittlungsmöglichkeiten gegen gewerbsmäßige Drogenhändler mit dem Cannabisgesetz offenbar entfallen sollen“, warnte Rebehn. Auch andere Interessengruppen wie die Bundesärztekammer fanden mahnende Worte zur Reform: So sprach ihr Präsident Klaus Reinhardt von einer „Quadratur des Kreises“. Die Bundesregierung wolle den Eigenanbau erlauben und Cannabis-Clubs einführen, gleichzeitig soll die Zahl der Konsumenten sinken.
„Es liegt auf der Hand, dass das nicht funktionieren kann“, sagte Reinhardt der „Rheinischen Post“. Aus medizinischer Sicht fügte er hinzu, dass die internationale Studienlage klar sei: „Die Legalisierung von Cannabis führt zu mehr Konsum und verharmlost die damit verbundenen Risiken. Cannabis kann abhängig machen und gravierende Entwicklungsschäden verursachen – gerade bei jungen Menschen.“ Selbst das Bundesgesundheitsministerium warne auf seiner Internetseite vor den psychischen, sozialen und körperlichen Risiken.
„Es ist aus medizinischer Sicht höchst unverantwortlich, dass Bundesgesundheitsminister Lauterbach die wissenschaftlichen Erkenntnisse ignoriert. Stattdessen versucht er, mit hilflosen Slogans wie „Brokkoli ist mir lieber“ junge Menschen vom Kiffen abzuhalten“, so Reinhardt. „Das ist kein ernstzunehmender Jugendschutz, sondern eine drogenpolitische Bankrotterklärung.“