Der Kieler Kriminologe Martin Thüne will die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) in ihrer jetzigen Form abschaffen und durch eine bessere Datengrundlage ersetzen. Generell sei die Polizeiliche Kriminalstatistik „eine problematische Datengrundlage“, sagte er der „Frankfurter Rundschau“ (Mittwochsausgabe).
„Auf dieser Basis zu sagen, Deutschland sei unsicher geworden, halte ich für Unsinn.“ Thüne sagte weiter: „Ich würde stark dafür plädieren, dieses PKS-System radikal infrage zu stellen, sich zusammenzusetzen und etwas Neues zu entwickeln. Vorschläge dazu gibt es seit Jahrzehnten. Wir sehen ja, dass sie in der Öffentlichkeit polarisiert und Maßnahmen aus der PKS abgeleitet werden, die auf dieser Datengrundlage besser nicht abgeleitet werden sollten.“ Der Wissenschaftler fügte hinzu: „Die PKS ist unvollständig, verzerrt, potenziell manipulierbar und ungewichtet.“
Zudem sei sie „systematisch verzerrt“ bei der Erfassung von ausländischen Tatverdächtigen. „Einer von mehreren Punkten ist, dass zumindest in der öffentlichen und politischen Debatte die Zahl von ausländischen Tatverdächtigen regelmäßig ins Verhältnis gesetzt wird zur ausländischen Wohnbevölkerung – also zum Beispiel 40 Prozent an den Tatverdächtigen bei nur 15 Prozent in der Gesamtbevölkerung.“ Da würden aber viele Taten von Tatverdächtigen erfasst, die gar nicht in Deutschland leben. „Das sind reisende Tätergruppen, das sind Touristen, das sind Stationierungskräfte, das sind Pendler. Deswegen wird der Anteil an den Tätern immer größer sein als der Anteil an der Wohnbevölkerung.“
Aus der Politik kamen unterdessen Forderungen nach Konsequenzen aus den Zahlen der Statistik. „Mit Blick auf die hohe Anzahl ausländischer Täter muss die Abschiebung von Straftätern erleichtert werden“, sagte FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Hier sollte der Bund die Länder besser unterstützen. „Dazu braucht die Bundespolizei mehr Kompetenzen bei Rückführungen von ausreisepflichtigen Personen.“
Derzeit sei die Bundespolizei zwar teilweise für die Feststellung des unerlaubten Aufenthalts, nicht aber für die anschließende Rückführung zuständig. „Wenn Personen mit unerlaubtem Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei aufgegriffen werden, soll diese auch für die Abschiebung zuständig sein. Diese Änderung der Befugnisse muss im Zuge der anstehenden Novellierung des Bundespolizeigesetzes umgesetzt werden“, sagte Kuhle. Das Bundespolizeigesetz war im März in erster Lesung im Bundestag. Die FDP will im weiteren parlamentarischen Verfahren die Kompetenzerweiterung für die Bundespolizei durchsetzen.