„Wir wollen Zielregionen auswählen – etwa in Indien oder Vietnam. In diesen Regionen wollen wir dafür werben, dass Menschen nach Ostdeutschland kommen“, sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben).
„Dort wollen wir auch Sprachkurse und eine deutsche Berufsausbildung anbieten.“ Vereinbarungen mit den Herkunftsstaaten sollten Hürden bei der Visavergabe oder der Anerkennung von Berufsabschlüssen beseitigen. Dafür sei „eine konzertierte Aktion“ von Bund, Ländern, Kommunen und der Wirtschaft erforderlich. Dieser neue Ansatz solle auch Thema bei der nächsten Ost-Ministerpräsidentenkonferenz in Schwerin werden. Länder „mit einem Jugendüberschuss“ eigneten sich besonders als Herkunftsstaaten, führte Kretschmer aus. „Wenn die beruflichen Perspektiven in der Heimat schlecht sind, steigt die Bereitschaft zur Veränderung.“ Den Osten Deutschlands beschrieb er als attraktiv für ausländische Fachkräfte. „Wir haben Platz, wir haben günstige Mieten und eine wunderbare Kulturlandschaft. Der Osten ist der modernere Teil Deutschlands – gerade was die Infrastruktur angeht.“ Einen Familiennachzug lehnte der CDU-Politiker allerdings ab: „Es muss darum gehen, dass Einwanderung in Beschäftigung stattfindet“, sagte er. „Wenn eine größere Gruppe von Menschen aus einer bestimmten Region kommt, wird das dazu beitragen, dass sie sich bei uns wohlfühlen. Wir sollten uns auf das Machbare konzentrieren.“ Kretschmer räumte ein, dass die neuen Länder wenig Erfahrung mit Fachkräftezuwanderung hätten. Doch brauche allein Sachsen aufgrund der demografischen Entwicklung bis zum Ende des Jahrzehnts „bestimmt 100.000 Arbeitskräfte aus dem Ausland“. Mögliche Fremdenfeindlichkeit sieht Kretschmer nicht als Hürde. „Wir haben eine große Willkommenskultur“, sagte er.
„Der vietnamesische Gemüsehändler ist hier anerkannt und willkommen, der libanesische Arzt und der indische Informatiker genauso. Und die Studierenden, die aus der ganzen Welt zu uns kommen, fühlen sich bei uns pudelwohl.“ Im Übrigen werde man nicht nachlassen im Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. „Wir brauchen das gemeinsame Verständnis, dass Fachkräftezuwanderung in unserem Interesse ist“, sagte er.
„Wenn Arbeitsplätze nicht besetzt sind, kann Wachstum nicht stattfinden. Wir brauchen diese Arbeitskräfte, um unser Wohlstandsniveau zu halten. Und wir werden sie nicht in Sachsen-Anhalt oder Thüringen finden.“ Zurückhaltend äußerte sich Kretschmer über einen möglichen Beitrag der geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer. Zwar wollten viele von ihnen in Deutschland bleiben. „Man sollte aber nicht erwarten, dass Menschen, die vor dem Krieg geflüchtet sind, unseren dramatischen Fachkräftemangel lösen.“