„Die Ostdeutschen sind doch nicht unsere Sorgenkinder, denen muss man keinen Stempel geben“, sagte er dem Tagesspiegel. Er finde diese Institution eine Unverschämtheit.
„Den Osten gibt`s abgekoppelt nicht mehr, jedenfalls nicht für mich, wir sind ein Land, 16 Bundesländer in Europa, fertig.“ Es brauche vielmehr einen Beauftragten für Gemeinsinn – „Menschen, die darüber nachdenken, wie wir jetzt und in 20 Jahren leben wollen“. In Deutschland würden 13 Millionen Menschen nicht genug Geld zum Leben haben, gerade Kinder, Familien, Alleinerziehende und Ältere. „Setzt mal das Thema Armut in den Fokus, das würde Identität stiften, nicht dieses neoliberale `Meine Freiheit über alles`-Gedöns“, so der Musiker. Mit Blick auf den von Russland entfesselten Krieg in der Ukraine sagte Grönemeyer, dessen Mutter aus Estland stammt und dessen Vater seinen Arm bei der Schlacht von Stalingrad verloren hatte: „Was wäre, wenn nicht die Ukraine überfallen worden wäre, sondern Estland? Könnten wir dann noch so wohlig hier rumsitzen?“ Seine Mutter habe fliehen müssen, als die Russen in Estland einmarschiert seien, so sei sie von Tallin nach Bochum gekommen. „Meine Großmutter hat es traumatisiert, dass die Russen ihr das Haus weggenommen haben.“ Selbst in der Demenz hätte sie andauernd Bücher eingepackt, damit sie keiner mitnehmen könne. Nach dem Essen habe sie das Besteck eingesammelt und in die Jacke gesteckt. Der heutigen Friedensbewegung, die sich gegen Waffenlieferungen zur Verteidigung der Ukraine ausspricht, rief der Sänger, der einst gegen Aufrüstung ansang, zu: „Man kann sich nicht an seinen Prinzipien festnageln, wenn ein Land ausgelöscht werden soll.“ Die Friedensbewegung von einst sei nicht gescheitert, aber heute brauche es Beistand und Mitgefühl für die Überfallenen. „Was würde ich denn machen, wenn meinen Eltern das Haus über dem Kopf weggeschossen wird, wenn meine Frau vergewaltigt wird, wenn meine Stadt in Schutt und Asche gelegt wird? Wenn ganz Norddeutschland zerbombt werden würde, würden wir uns auch wehren und nicht sagen: Lass uns die anderen mal zum Kaffee einladen“, so Grönemeyer.