Nachdem Kanzler Olaf Scholz (SPD) Berichten zufolge im SPD-internen Streit um das sogenannte „Sicherheitspaket“ der Bundesregierung ein Machtwort gesprochen haben soll, wirft Juso-Chef Philipp Türmer ihm offenbar vor, Kritiker einschüchtern zu wollen. „Dem letzten sozialdemokratischen Bundeskanzler, der mit solchen Mitteln Diskussionen unterdrücken wollte, ist das sehr hart auf die Füße gefallen“, sagte Türmer dem „Stern“ mit Blick auf die Vertrauensfragen von Gerhard Schröder (SPD).
„Ich hoffe, dass sich niemand, der gegen das Paket stimmen will, davon einschüchtern lässt und kann nur allen sagen: Lasst Euch nicht unterkriegen, ihr habt die volle Unterstützung der Jusos“, so Türmer. „Das ist für Wahlkampf, Listen und Parteitage vor Ort viel wichtiger als die gute Laune des Kanzlers.“
Türmer forderte die SPD-Fraktion dazu auf, das Gesetzespaket abzulehnen. „Ich erwarte, dass möglichst viele SPD-Abgeordneten dem Sicherheitspaket in dieser Form nicht zustimmen. Das Paket geht in die völlig falsche Richtung“, sagte Türmer. „Das Paket der Ampel schikaniert Geflüchtete statt Islamisten, das ist das Grundproblem.“ Es sorge „für eine massive Diskursverschiebung nach rechts, weil der Kampf gegen Islamismus zu einem Kampf gegen Geflüchtete gemacht wird. Das ist falsch“.
Der Juso-Chef rechnete auch mit der Abschiebepolitik des Bundeskanzlers ab. „Seitdem Olaf Scholz im großen Stil abschieben will, versuchen die Ausländerbehörden ihre Zahlen irgendwie nach oben zu schrauben. Die Folge: Es werden Menschen abgeschoben, die hier hervorragend integriert sind“, kritisierte Türmer. „Das ist doch Wahnsinn – und leider auch ein Ergebnis der Abschieberhetorik, die der Kanzler vor einem Jahr angestimmt hat. Bei dieser völlig verfehlten Abschiebepolitik könnte ich nur noch heulen.“
Nach dem Attentat auf einem Stadtfest in Solingen hatte die Bundesregierung das sogenannte „Sicherheitspaket“ auf den Weg gebracht. Darin ist der Einsatz von sogenannten „Tasern“ und von Gesichtserkennungs- sowie Polizeisoftware mit „Künstlicher Intelligenz“ vorgesehen. Elektroimpulsgeräte sind umstritten, weil sie bei Personen mit Vorerkrankungen tödlich sein können. Datenschützern kritisieren zudem regelmäßig Gesichtserkennungs- und Polizeisoftware, weil sie fehleranfällig sind und zu Diskriminierung führen können.
Das Waffenrecht soll den Ampel-Plänen zufolge verschärft und durch „verdachtsunabhängige“ Kontrollen durchgesetzt werden. Solche Kontrollen stehen in der Kritik, weil sie schikanierendes „Racial Profiling“ auf Basis von Stereotypen zur Folge haben können. Flüchtlingen, die nicht aus der Ukraine stammen, soll nach den Plänen der Bundesregierung bei einem Besuch von Angehörigen im Ursprungsland unter Umständen der Schutzstatus entzogen werden. Wenn Flüchtlinge bereits in einem anderen EU-Staat Leistungen erhalten können, soll in Deutschland der Bezug gestoppt werden. An beiden Maßnahmen gibt es schwerwiegende rechtliche Zweifel.
Die Ampelfraktionen haben im parlamentarischen Prozess eine Reihe umstrittener Bestandteile des „Sicherheitspakets“ wieder eingeschränkt. Die erneute Einigung sieht bei den geplanten neuen Leistungskürzungen eine Härtefallregelung etwa für Kinder vor. Biometrische Gesichtserkennung soll nur noch für bestimmte Zwecke eingeführt werden, etwa für die Verfolgung oder Verhinderung von Mord, Totschlag oder der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Viele in den Fraktionen von SPD und Grünen halten die Nachbesserungen allerdings für unzureichend.
Inhalt bereitgestellt von der DTS-Nachrichtenagentur. Der Inhalt wurde nicht redaktionell geprüft.