In der SPD-Fraktion im Bundestag wird Kritik am Sicherheitspaket der Ampel laut, das nach dem Attentat von Solingen von der Bundesregierung aufgesetzt wurde. „So wie das sogenannte Sicherheitspaket jetzt ist, darf es nicht bleiben“, sagte der SPD-Abgeordnete Jan Dieren der „taz“ (Donnerstagsausgabe).
„Viele der diskutierten Maßnahmen sind nicht nur überzogen, sie schaffen auch einen Zusammenhang, wo keiner ist. Statt über islamistischen Terror zu reden, verschärfen wir jetzt irrational die Migrationspolitik“, so Dieren, der auch Vorsitzender der linken SPD-Gruppe DL21 ist. „Das ist fatal für die gesellschaftliche Debatte und es spielt nur einen in die Hände: den ganz Rechten. Wir geraten da in eine sehr gefährliche Spirale.“
Mit dem Sicherheitspaket reagierte die Ampel auf das Attentat von Solingen im August. Enthalten sind verschiedene Gesetzesverschärfungen, darunter in der Asylpolitik, zu Messerverboten oder neue Befugnisse für die Polizei.
Dieren hält einige Punkte, wie die Stärkung der Islamismusprävention oder einzelne Verschärfungen des Waffenrechts, für sinnvoll. An anderen übt er harte Kritik: an den geplanten Leistungskürzungen und grenznahe Inhaftierungen für Dublin-Geflüchtete, Ausweisungen nach Syrien oder Afghanistan, anlasslose Kontrollmöglichkeiten für die Polizei oder einen biometrischen Abgleich von Internetdaten, um Geflüchtete zu identifizieren. „Jeder dieser Punkte ist falsch und maßlos“, sagte Dieren der „taz“. „Für die Tat eines Einzelnen werden die Rechte einer ganzen Gruppe, der Geflüchteten, pauschal beschnitten. Wenn wir uns darauf einmal einlassen, dann wird bei zukünftigen Taten die Schraube immer weiter gedreht. Dem müssen wir Einhalt gebieten.“
Auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Annika Klose teilt die Kritik. „Statt nach Solingen die Islamismusprävention beherzt anzugehen, mit einem Demokratiefördergesetz oder Investitionen in Jugendarbeit, setzt das Sicherheitspaket auf das Thema Migration. Noch dazu mit unausgegorenen Maßnahmen, die auch rechtlich fraglich sind“, sagte Klose der „taz“. So könnten die Leistungskürzungen für Dublin-Geflüchtete dazu führen, dass diese nach kurzer Zeit auf der Straße landen, sich in Notunterkünften und Tafeln wiederfinden. „Das kann niemand wollen und das wäre auch eine enorme Belastung der Kommunen. Dieser Punkt darf so nicht kommen.“
Auch in einem aktuellen Papier der „AG Migration und Vielfalt“ in der SPD, aus dem die „taz“ zitiert, wird das Sicherheitspaket als „rechtlich fragwürdig“ bezeichnet. Es stehe „auch im Widerspruch zu den sozialdemokratischen Werten von Gerechtigkeit, Solidarität und Menschenwürde“, heißt es dort. Der Vorsitzende der AG, Aziz Bozkurt, sagte der Zeitung: „Die Maßnahmen haben mit Solingen kaum noch etwas zu tun, stellen aber eine ganze Bevölkerungsgruppe unter Generalverdacht und dürften einiges Chaos in den Behörden verursachen.“
Bereits am Dienstag hatten Sozialdemokraten um Gesine Schwan einen offenen Brief veröffentlicht, in dem sie kritisierten, dass sich ihre Partei an einem „Diskurs der Ausgrenzung und Stigmatisierung“ beteilige. Die SPD müsse vielmehr wieder für eine „humane Asylpolitik“ eintreten. Auch mehrere Bundestagsabgeordnete unterzeichneten den Appell.
Die Ampel hatte ursprünglich angekündigt, das Sicherheitspaket schnell verabschieden zu wollen. Bereits Anfang September hatte die Bundesregierung die Maßnahmen im Kabinett beschlossen. Eine erste Lesung im Bundestag fand kurz darauf statt, am Montag folgte eine Expertenanhörung im Parlament, bei der ebenso Kritik an der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen aufkam. Die finale Verabschiedung des Pakets verschiebt sich nun mindestens in den Oktober, da die Ampel-Fraktionen diese Fragen noch klären wollen.
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