Nach der SPD-Bundestagsfraktion erhöhen jetzt auch die SPD-Ministerpräsidenten den Druck auf die Bundesregierung, die Schuldenbremse zu reformieren. So sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) dem „Handelsblatt“ (Mittwochausgabe): „Mit der derzeitigen Ausgestaltung der Schuldenbremse werden wir die aktuellen Herausforderungen nicht bewältigen können, das ist offensichtlich.“
Überall gebe es Investitionserfordernisse, etwa für die Sanierung der Infrastruktur oder beim Umstieg Richtung Klimaneutralität, so Weil. „Eine Politik nach dem Motto `Wir müssen sparen, koste es, was es wolle`, ist für Wirtschaft und Gesellschaft hochriskant und für die nachfolgenden Generationen fatal.“ Dass der Staat nicht unbegrenzt Schulden machen könne, sei eindeutig. „Ebenso eindeutig ist allerdings, dass die Schuldenbremse in ihrer derzeitigen Fassung wesentlich zu eng ist und dringend reformiert werden muss.“
Ähnlich äußerte sich die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD). Deutschland stehe am Scheideweg, sowohl was die Transformation der Wirtschaft angehe, wie auch die stagnierende Konjunktur und antidemokratische Tendenzen in der Gesellschaft, so Rehlinger. „In dieser hochgradig schwierigen Lage kann man nicht um die Schuldenbremse tanzen, als wäre sie das Goldene Kalb. Ich hielte es für einen Akt großer staatspolitischer Verantwortung, wenn Union und SPD, die in dieser Zeit Verantwortung getragen haben, gemeinsam eine maßvolle Reform der Schuldenbremse vornehmen würden – je schneller, desto besser.“
Am Montag hatten bereits die drei Flügel der SPD-Bundestagsfraktion gemeinsam eine Ausnahme von der Schuldenregel gefordert. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hatte in einer Studie untersucht, wie der Bundeshaushalt so unter Spardruck geraten konnte. Zum einen seien wegen der mauen Konjunktur die realen Steuereinnahmen gegenüber 2019 gesunken. Gleichzeitig liegen gegenüber 2019 die Ausgaben in diesem Jahr um ein Drittel oder 120 Milliarden Euro höher. 35 Prozent der Mehrausgaben flossen demnach in Soziales. Dies entspricht einem Plus von rund 41 Milliarden Euro, davon entfallen allein 20 Milliarden Euro auf den Zuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung und sieben Milliarden Euro auf die Arbeitsmarktpolitik, etwa das Bürgergeld. 21 Prozent der Mehrausgaben musste der Bund für höhere Zinsen ausgeben.