„Der Zeitraum muss für die Menschen greif- und überschaubar sein und darf deshalb auch keine Jahrzehnte dauern“, sagte der umweltpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Träger, der „Welt“. „Natürlich dürfen Interessen der Sicherheit und der Beteiligung dabei nicht beschränkt werden.“ Ähnlich äußerte sich der Grünen-Umweltpolitiker Harald Ebner: „Unser gemeinsames Ziel muss es nun sein, Optimierungs- und Beschleunigungspotenziale zu identifizieren und umzusetzen.“
Die Endlagersuche stockt, nachdem die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) im Dezember mitgeteilt hatte, dass das Jahr 2031 als Termin für die Festlegung auf einen Standort nicht zu halten sei. Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) stellte daraufhin im März weitere Verzögerungen in Aussicht: Das bisher vorgesehene Verfahren der Endlagersuche müsse neu bewertet und gegebenenfalls überarbeitet werden. Zudem werde die Öffentlichkeitsbeteiligung wohl mehr Zeit erfordern als derzeit geplant. Ebner sieht in dieser Verzögerung auch Vorteile: „Das Verfahren zur Endlagersuche in Deutschland sucht insbesondere wegen seines hohen Anspruchs an Wissenschaftlichkeit und Partizipation seinesgleichen.“ Es sei „die Stärke des Verfahrens, dass es insgesamt als ein lernendes angelegt“ sei. Deshalb, so Ebner, sollten „Kritik und Verbesserung systemimmanent sein“. Es könne dazugehören, „dass nachgebessert werden muss“. Hierbei gelte der Grundsatz „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“. Aber: „Gleichzeitig darf das Ziel, den hoch radioaktiven Atommüll so schnell und so sicher wie möglich Untertage zu bringen, nicht aus dem Blick geraten.“ Als Chance für eine Überarbeitung des Endlagerkonzepts sieht die umweltpolitische FDP-Sprecherin Judith Skudelny die Verzögerungen: Es sei „in der Sache kein Problem“, dass die Endlagersuche länger dauert. „Es war aber ein kommunikatives Debakel und verunsicherte die Bevölkerung, dass das völlig willkürlich gesetzte und sachlich unbegründbare Jahr 2031 als Termin für die Festlegung auf einen Standort hochgehalten wurde, obwohl allen klar war, dass dieser Termin nicht zu halten ist.“ Nun sei eine „glaubwürdige Zeitplanung nötig“.
Den längeren Zeitrahmen könne man „gut nutzen“, um „wirklich das bestmögliche Endlager“ zu finden. „Vertrauen können wir dabei auch darauf, dass spätere Generationen klüger sind als wir und klären, ob eine Rückholbarkeit des Atommülls Vorteile hat oder ob es bessere Verfahren für den Umgang mit dem Atommüll gibt“, so Skudelny weiter. Ausdrücklich für neue Verfahren beim Umgang mit Atommüll plädiert die umweltpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Anja Weisgerber (CSU). Um die Endlagersuche zu erleichtern, sei es nötig, „sich mit neuen Technologien wie zum Beispiel der Transmutation vorurteilsfrei auseinanderzusetzen und deren Potenziale für weniger einzulagernden hoch radioaktiven Abfall ernsthaft zu prüfen“, sagte Weisgerber der „Welt“.
„Für die Forschung bis zur Praxisreife solcher alternativen Entsorgungsoptionen sind von der Bundesregierung entsprechende Mittel zur Verfügung zu stellen.“ Zudem müsse Deutschland „die Zusammenarbeit mit den Partnern in Finnland und der Schweiz intensivieren“, um von dortigen Suchverfahren „zu lernen“ und dann „gegebenenfalls neue Möglichkeiten der Verfahrensbeschleunigung zu erörtern“. Für die Union sei es wichtig, „dass im zweiten Halbjahr 2027 bekannt gegeben wird und dann klar ist, welche und wie viele potenzielle Standortregionen ab 2027 zunächst übertägig intensiver untersucht werden sollen“. Skudelny wies im Zusammenhang mit der Endlagersuche auf die wachsenden rechtlichen Probleme bei der Zwischenlagerung an insgesamt 16 Standorten hin: „Sehr dringend ist, dass wir uns die Zwischenlager ansehen, von denen einige derzeit gar keine gültige Aufbewahrungsgenehmigung haben und andere ihre Genehmigungen in den nächsten Jahren verlieren. Hier müssen sowohl die Kapazitäten als auch die Gebäude und jeweiligen Behälter daraufhin geprüft werden, wie lange sie noch halten und wie die Sicherheit verbessert werden kann. Es wäre für die Anwohner unzumutbar, wenn es im Zwischenlager nebenan nicht nach dem neuesten technischen Stand ginge“, so die FDP-Politikerin.