Die FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, rechnet nach dem Tod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi nicht mit einer Kursänderung des Regimes. „An der Grundausrichtung dürfte sich innen- wie außenpolitisch nichts ändern“, sagte sie der „Rheinischen Post“ (Dienstagsausgabe).
Die Verteidigungspolitikerin fügte hinzu, dass die Unterstützung der Bevölkerung für das Regime auf einen Tiefpunkt gesunken sei, die Wirtschaft in einer Krise stecke und die Führung weiterhin „mit immer brutaleren Mitteln“ gegen die Bevölkerung vorgehe.
Der Iran greife zudem Israel an, verursache Krieg und Chaos im Nahen Osten mit Unterstützung seiner Stellvertretermächte und unterstütze massiv Russland im Krieg gegen die Ukraine. „Deutschland und die EU müssen die Revolutionsgarden, die sich hier aufhalten, endlich hart sanktionieren“, forderte Strack-Zimmermann.
Der Außenexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, hat unterdessen ebenfalls keine Hoffnung, dass es im Iran nach dem Tod von Präsident Raisi zu politischen Veränderungen kommt. „Das Grundproblem der fehlenden Legitimation und Reformunfähigkeit der Mullah-Herrschaft bleibt unverändert“, sagte er der „Rheinischen Post“.
Die letzten Jahre hätten gezeigt, „dass Veränderungen innerhalb des bestehenden Systems, etwa durch Wahlen, nicht möglich sind“. Schmid zeigte sich überzeugt, dass der Freiheitsdrang und der Wunsch nach fundamentaler Veränderung hin zu Demokratie „sich am Ende durchsetzen wird, auch wenn wir nicht wissen, wann das System stürzt und auch der Einfluss von außen begrenzt ist“.
Unverändert richtig sei es daher, nach dem Tod des Präsidenten „der aggressiven Außenpolitik Irans entgegenzuwirken und eine Nuklearbewaffnung Irans zu verhindern“, so der SPD-Politiker.
Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter hat ebenfalls wenig Hoffnung auf einen politischen Richtungswechsel in Teheran. Zwar werde sich die Staatsführung „nun neu sortieren müssen“, sagte Hofreiter den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, „es steht allerdings zu befürchten, dass sich am brutalen Vorgehen gegen die eigene Bevölkerung und am gewaltvollen und provokanten internationalen Auftreten auch mit neuem Personal nichts ändern wird.“
Der frühere Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion forderte, dass die Staatengemeinschaft weiter „mit klaren Worten, Sanktionen wo nötig und der ganz deutlichen Unterstützung der mutigen Demonstrierenden in Iran agieren“ müsse.
Die Linken-Vorsitzende Janine Wissler geht davon aus, dass viele Iraner den Tod von Raisi als Befreiung aufnehmen werden. „Der Tod des Hardliners Raisi wird von vielen Menschen zu Recht mit Erleichterung aufgenommen“, sagte sie der „Rheinischen Post“. Er werde für die Menschen im Iran aber keine Verbesserungen bedeuten, solange Kritiker der Diktatur weiterhin fürchten müssten, in Foltergefängnissen zu landen oder hingerichtet zu werden.
Die Demokratie-Bewegung im Iran brauche nun internationale Solidarität und Aufmerksamkeit, ergänzte Wissler. „Von der Bundesregierung erwarte ich, dass sie endlich ein dauerhaftes Abschiebeverbot für den Iran beschließt, anstatt Trauerkränze nach Teheran zu schicken.“ Raisi sei auch der „Schlächter von Teheran“ genannt worden. „Die Proteste nach der Ermordung von Jina Mahsa Amini ließ er brutal niederschlagen, unschuldige Menschen verhaften und hinrichten.“ Angesichts seines Todes sei sie daher „in Gedanken bei den Opfern und ihren Hinterbliebenen, die unermesslichen Schmerz und großes Leid erfahren haben“, so die Vorsitzende der Linken.