Nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien sind am Sonntag zahlreiche Syrer in Deutschland auf die Straße gegangen, um den Machtwechsel zu feiern.
In Berlin kam es unter anderem in Neukölln und Kreuzberg zu spontanen Versammlungen. Bereits am Samstagabend war ein Autokorso mit jubelnden Menschen durch Berlin-Neukölln gefahren. Kundgebungen der Freude innerhalb der Exil-Gemeinde gab es zudem in mehreren weiteren Städten.
Politiker warnen unterdessen allerdings vor zu viel Euphorie. So warnte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, vor zu hohen Erwartungen nach dem Umsturz in Syrien: „Baschar al-Assad ist der Schlächter seines eigenen Volkes. Es ist gut, dass er nichts mehr zu melden hat. Entgegen manchen Fehlannahmen war er nie in der Lage, Stabilität in das vom Bürgerkrieg zerrüttete Land zu bringen.“
Unter ihm sei der Staat „zu einer Räuber- und Mörderbande“ verkommen; selbst der vermeintliche Stabilitätsanker der Armee sei zerfallen, sagte Schmid der „Welt“, gab aber zu bedenken: „Vor übertriebenen Hoffnungen auf Frieden und Demokratie ist zu warnen; es droht vielmehr eine lang andauernde Phase der Ungewissheit und weiterer militärischer Auseinandersetzungen um Gebiete und Hoheitsgewalt.“
Oberstes Ziel der internationalen Gemeinschaft müsse nun die „Wiederherstellung eines Mindestmaßes an Staatlichkeit in Syrien“ sein. Dafür seien Gespräche mit allen Beteiligten inklusive Hajat Tahrir al-Scham notwendig, die von den Vereinten Nationen geführten politischen Gespräche seien der „geeignete Rahmen“ dafür. Nur so könne der Wiederaufbau des Landes gelingen. Schmid: „Unabdingbar dafür ist ein innersyrischer Versöhnungsprozess, erste zivilgesellschaftliche Initiativen dazu gibt es. Die Freilassung aller politischen Gefangenen und die Aufklärung des Schicksals von vielen Tausend Verschwundenen sind dafür wichtige Voraussetzungen.“
Der stellvertretende AfD-Fraktionschef Stefan Keuter rechnet mit großer politischer Instabilität infolge der jüngsten Entwicklungen: „Der Umsturz in Syrien wird die Region weiter destabilisieren und Verwerfungen auslösen, deren Dimension noch nicht absehbar ist“, sagte er der „Welt“. Hajat Tahrir al-Scham sei ein im Kern islamistisches Bündnis, dem sich auch dschihadistische und terroristische Gruppen angeschlossen hätten.
„Vor allem für die zahlreichen in Syrien noch lebendigen christlichen Gemeinschaften dürften jetzt sehr schwere Zeiten anbrechen.“ Mit Blick auf Deutschlands Rolle sagte Keuter, „verantwortungsvolle Politik“ müsse „mit jedem Machthaber das Gespräch suchen, auch mit den neuen Machthabern in Syrien. Eine Verweigerungshaltung wie gegenüber Afghanistan, wo noch immer keine deutsche diplomatische Vertretung wiedereröffnet wurde, schadet deutschen Interessen.“
Der Unionsinnenexperte Alexander Throm warnt derweil vor einer neuen Flüchtlingswelle. „Deshalb sind gerade jetzt Zurückweisungen an der Grenze besonders dringend“, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Der CDU-Politiker sieht zudem die Möglichkeit, dass syrische Flüchtlinge nun in ihre Heimat zurückkehren könnten.
Es müsse geprüft werden, „ab wann auch wieder freiwilliges Rückkehren verstärkt möglich ist und ob der Schutzgrund für viele Syrer nicht entfällt“, sagte Throm. „Selbstverständlich muss es Ziel bleiben, auch dann wieder nach Syrien oder in einzelne Regionen abzuschieben.“
Inhalt bereitgestellt von der DTS-Nachrichtenagentur. Der Inhalt wurde nicht redaktionell geprüft.