Teuteberg mahnt zu „Verhältnismäßigkeit“ in Ost-West-Debatte

Die FDP-Politikerin Linda Teuteberg warnt davor, in der aktuellen Debatte über Ost und West die Westdeutschen pauschal zum Sündenbock zu machen.

„Wir müssen aufpassen, dass die Erzählung nicht lautet, die Brüche der Neunzigerjahre seien schlimmer und willkürlicher gewesen als die realsozialistische Diktatur davor“, sagte die Brandenburgerin der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Es sei legitim, Enttäuschung und manchmal auch Wut zu äußern, aber vom Wütendsein allein werde sich nichts ändern.

„Was mir in dieser Debatte fehlt, ist ein Sinn für Verhältnismäßigkeit“, so Teuteberg. Die Liberale zielt mit ihrer Kritik unter anderem auf die Thesen des Leipziger Autors Dirk Oschmann, der in seinem Buch „Der Osten: eine westdeutsche Erfindung“ den Westdeutschen vorwirft, sich ein abwertendes Bild des Ostens zurechtgelegt zu haben, welches von Klischees geprägt sei. Teuteberg sagte dazu, sie teile zwar Oschmanns Befund, dass Ostdeutsche mitunter pauschal abgewertet würden. „Die aktuelle Debatte ist wichtig, aber sie erschöpft sich zu oft in Schuldzuweisungen, statt das Stereotyp zu überwinden.“ Sie hält das für den Ausdruck einer „Unfähigkeit zu trauern“: „Nämlich darüber, dass die deutsche Teilung sehr vielen Menschen Unrecht zugefügt hat, das man nicht mehr gutmachen kann, aus dem wir aber lernen können. Es wäre für unsere ganze Gesellschaft wichtig, die Geschehnisse und Ursachen aus DDR-Zeiten betrauern zu können.“ Teuteberg sieht viele der Herausforderungen, mit denen die Ostdeutschen nach der Wiedervereinigung zu kämpfen hatten, nicht in erster Linie als Folge von Fehlern westdeutscher Politiker, sondern als Nachwirkungen der Befreiung von der DDR-Diktatur. „Die Enteignung ostdeutscher Familienunternehmen zum Beispiel war das Werk des SED-Regimes und nicht etwa des Westens. Das wirkt bis heute nach.“ Der Historikerin Katja Hoyer wirft Teuteberg vor, die Geschichte „beschönigend umzuschreiben“. Hoyer versucht in ihrem neuen Buch eine Geschichte der DDR zu schreiben, die stärker der Alltag der Menschen in den Blick nimmt. „Mein Eindruck ist, dass sie zwar nicht plakativ in Abrede stellt, dass die DDR eine Diktatur war. Sie pflegt jedoch den trügerischen Eindruck, dass der Alltag nichts mit dem politischen System zu tun gehabt hätte und abtrennbar sei von der Diktatur. Das Gegenteil ist der Fall“, sagte die FDP-Politikerin der FAS.




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